Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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Alte Bürgerhäuſer. 185

neben ihr eine äußere Freitreppe zu der noch vorhandenen Obergeſchoßtür. Eine Spitzbogentür im dritten Geſchoß inmitten des Giebels diente als Ladeluke dieſes Speichers. Seine Längswände beſtanden aus Fachwerk, wie die ſcharfen Innen­kanten der Giebelwangen beweiſen. Für die Giebelausbildung in Abb. 105 wurde die noch herſtellbare des hinteren Giebels benutzt. Danach hatte das Dach noch die flachere romaniſche Neigung. Das zweite Geſchoß diente zur Wohnung, während das Erdgeſchoß wohl die Diele und den Geſchäftsraum des reichen Kaufmanns in ſich vereinigte.

Nach unſerer Kenntnis frühmittelalterlicher ſtädtiſcher Häuſer müſſen wir den vornehmſten Raum an der Straßenſeite des Erdgeſchoſſes ſuchen. Gerade hier nun gewahrt man, wenn ſich das Auge an die herrſchende Dunkelheit gewöhnt hat, neben den beiden ſchrägwandigen Fenſterniſchen, mancherlei in den Putz eingeritzte Linien, die bald den Charakter beſtimmter Zeichnungen gewinnen und ſich nach längerer Betrachtung zu den in Abb. 106 gegebenen Darſtellungen zuſammenſchließen. Sie waren im Lauf der Jahrhunderte von vielfacher Tünche und Olfarbe verdeckt und wurden erſt im Januar 1911 vom Verfaſſer freigelegt. Es find im weſentlichen drei Darſtellungen von verſchiedenem Maßſtabe der Figuren. Links, neben der Ecke des urſprünglichen Bauwerks iſt die Bildfläche nach der Höhe einmal geteilt. Vom unteren Bilde ragt nur etwa noch die Hälfte über dem Waſchkeſſelherde hervor. Man erkennt darauf eben noch den Topfhelm und Arm eines Ritters, der von zwei aus dem Hauſe tretenden Frauengeſtalten begrüßt wird. Im oberen Bilde wird ein aus dem Kriege heimkehrender Reiter, der mit einem Kapuzenmantel bekleidet iſt und in der Linken die Lanze, in der Rechten aber einen erbeuteten Schmuckgegenſtand hält, von einem Bürger bewillkommnet. Ein Baum und allerlei Pflanzenwerk von kind­licher Stiliſierung füllen die Lücken. Das Hauptbild des kleinen Zyklus iſt in ganzer Höhe der Schmuckfläche und in größerem Maßſtabe des Figürlichen zwiſchen den beiden Fenſtern dieſer Frontmauer zu beiden Seiten eines mittleren Wandſchränk­chens angeordnet. Das Ende des Krieges, aus dem die Streiter heimkehren, wird durch einen Friedensſchluß dargeſtellt. Rechts und links thronen in ſtreng ſymmetriſcher Anordnung einander zugewendet zwei Könige mit Szepter und Krone. Der eine von ihnen erhebt gebietend die Rechte, der andere ſtreckt die Hand zum Schwure aus. Die etwas zu groß geratenen Köpfe ſind nicht ohne Anmut gezeichnet, die Gewänder reich beſetzt. Den Grund über dem Wandſchränkchen füllt ein einfaches ſtreifiges Wandteppichmuſter, das als Rücklaken an der hochpfoſtigen Banklehne zu denken iſt. Über den Bildern ſind zwei Frieſe ſtückenweiſe erhalten, ſowie die Spur eines dritten über einer kleinen Rundbogenarkatur neben der rechten Fenſterniſche.

Von Farbe fand ſich keine Spur. Alles Ornamentale trägt noch romaniſchen Charakter. Das Figürliche iſt zwar in den Verhältniſſen nicht frei von Mängeln, aber friſch und ſicher hingeſetzt. Die Bilder ſind durch die gleichmäßige Verteilung der Linien des mittleren und der glatt belaſſenen Formen auf dem ſchwach gerauhten Grunde bei den beiden linken von äußerſt zurückhaltender, aber ausgezeichneter, teppichartiger Wirkung, ſoweit dies ohne Farbe möglich iſt. Sie gehören nach dem