Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
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Domkirche Gaugeſchichte). 259

Sechſte Bauzeit. Der Vermögensbeſtand des Domkapitels war im letzten Viertel des 14. Jahrh. durchaus ungünſtig für bauliche Unternehmungen. Indeſſen wurde i. J. 1377 der reparaturbedürftige Zuſtand des Domes ſo gefahrdrohend (Riedel VII, 315 346), daß er unabwendlich einen Erneuerungsbau von bedeutendem Umfang erheiſchte. Biſchof Dietrich v. Schulenburg begann ihn nach eingehender Beratung mit dem Kapitel und überließ dieſem zugunſten der Baukaſſe die Einkünfte der Kirche zu Klein⸗Kreutz . Aus mancherlei Veräußerungen, wie dem Verkauf des Hauſes, welches das Kapitel in Magdeburg beſaß, und aus weiteren Zuweiſungen an die wiederum von einem beſonderen magister structurae verwaltete Baukaſſe, der noch i. J. 1389 die aus den Pfarreinkünften von Tremmen , Schmerzke und Mittenwalde zufloſſen, erſehen wir, daß die Schäden am Bau nicht gering waren und bedeutende Aufwendungen an Zeit und Geldmitteln erforderten.

In gutem Vertrauen auf die Stärke des romaniſchen Baues hatte man um 1230 ſeinen Mauern nicht nur eine Erhöhung, ſondern auch die Laſt und den Druck von Gewölben zugemutet. Hätten deren Abmeſſungen dafür auch vollauf genügt, ſo war doch, wie zu vermuten iſt, ihre geringe Standſicherheit auf einer Erdbogen­gründung in ſumpfigem Erdreich der Überbürdung nicht gewachſen und führte zu ernſten Mißſtänden. In klarer Erkenntnis ihrer Urſachen entſchloß man ſich nun endlich, den Oſtteilen durch Hinzufügung von Strebepfeilern dauernde Standfeſtigkeit zu geben und mit, zweifelhaften Konſtruktionen möglichſt gründlich aufzuräumen. Man brach das in der erſten Hälfte des 13. Jahrh. ausgeführte Altarhaus bis faſt auf den Chorfußboden ab. Etwas unterhalb dieſer Höhe ſpannte man zwiſchen die jetzt erſt der Apſis vorgelegten tiefen Strebepfeiler annähernd halbkreisförmige, etwa einen Stein tiefe Bögen und begann auf ihnen eine polygonale Ummantelung der Krone der Kryptamauer, auf welcher man dann den neuen Chor nach fünf Seiten des Zehnecks aufbaute. Bei einem ſolchen Verfahren der Aufſattelung konnte freilich der Rückſprung beim Beginne der Apſis nicht beſeitigt, ſondern nur durch einen der Strebepfeiler bis faſt zum Hauptgeſimſe verdeckt werden, wo er wieder zum Vorſchein kam, um erſt im Dach ausgeglichen zu werden. Über einer einfachen Sockelſchräge, die auch die Strebepfeiler umzieht, erhielten die Chormauern außen ein aus glaſierten Köpfen gebildetes einfaches Rautenmuſter, innen aber halbrund geſchloſſene, flache Niſchen und wurden im oberen Teile von hohen dreiteiligen Fenſtern durchbrochen. Die Profilierung der Pfeiler, Fenſtergewände und Vierungsbögen iſt von großer Einfachheit, da ſie vorherrſchend aus Faſen, Abrundung oder Rund⸗ und Gratſtäben beſteht. Sie darf über die Entſtehungszeit des Chores nicht täuſchen; denn jene einfachen Profile gehen zum Teil auf die frühere Kantengliederung zurück bei den Vierungsbögen tritt in halber Bogenhöhe, wo der Anſatz liegt, ein teilweiſer Wechſel der Profile ein zum Teil iſt die archaiſtiſche Aufnahme der älteren Formen der Spätgotik eigen. Die Rippen ſitzen im Chor auf ausgekragten Dienſten(Abb. 178) mit unſcheinbaren ſchmuckloſen Kapitellen.

Beide Kreuzarme erhielten in den neuen Mauerteilen, doch nur an den Flanken ähnliche aber etwas reicher gezeichnete Rautenmuſter und unter dem Geſims einen vier