Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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258; Dom Brandenburg .

Auch die große Treppe, welche im Nordkreuzarme längs der Krypta aufſteigt und durch die nördliche jener beiden Abſchlußwände zum Chor austritt, dürfte gleichzeitig mit dieſen entſtanden ſein. Ihre Anlage war vermutlich erforderlich ge­worden, um zu ermöglichen, daß die vom hohen Chor ihren Ausgang nehmenden Prozeſſionen in paarweiſe geordnetem Zuge von dort zur Kirche ſchreiten konnten, wie wir dies aus dem mehrfach angeführten Breviar entnehmen können.

Noch ein anderes Bedürfnis führte an der weſtlichen Stirnwand der Krypta zu einer weiteren Neueinrichtung, nämlich der eines Ambo(vgl. S. 227), wie man ihn ähnlich noch in den Domen zu Lübeck , Münſter und Naumburg , deſſen Oſtlettner hier allein in Betracht kommt, ſowie in der Kirche zu Gelnhauſen ſehen kann.

Von der Unterwölbung dieſes Ambo laſſen ſich im Dome noch einige Reſte nachweiſen. Vor allem gehört zu ihnen der ſonſt ganz zwecklos erſcheinende Bogen, der ſich am Ende des nördlichen Seitenſchiffs zwiſchen den letzten Arkaden­pfeiler und jene neugeſchaffene Chorverlängerung ſpannt und über ſich noch durch einen kleinen, wagrecht verlaufenden Abſatz die Bodenhöhe des Ambo verrät. Einen gleichen Bogen dürfen wir im Süden vorausſetzen.

Die Raumteilung unter dem Ambo bezw. die Anordnung der Gewölbe beſtimmte die Stirnmauer der Krypta durch ihre beiden Sffnungen, zwiſchen denen nun wiederum wie vordem der Kreuzaltar zu ſtehen kam. Es ergab ſich ſo ganz von ſelbſt eine Dreiteilung, die alſo an der Vorderſeite des Ambo zwei Stützen erforderte. Auch dieſe waren tatſächlich vorhanden und hielten ſich naturgemäß in der Flucht des letzten Arkadenpfeilerpaares, um dieſes als ſichere Eckſtützen benutzen zu können. Die Fundamente der beiden Freiſtützen fand man, ohne ſich freilich ihren einſtigen Zweck erklären zu können, im Jahre 1837 bei Anlage der gegenwärtigen Treppe. Stappen­beck gibt in ſeinem Bericht eine Skizze davon und auch in einem Grundriß im Nachlaſſe des ehemaligen Konſervators v. Quaſt ſind ſie noch verzeichnet.

. Der Ambofußboden war wohl nur wenig über den des Chores erhöht, und

inſofern ſteht die Brandenburger Anlage wohl unter allen noch erhaltenen einzig da. Sieht man von dieſer geringen Erhebung ab, ſo erſtreckte ſich der Hochchor damals insgeſamt alſo noch bis über das öſtliche Langhausjoch hinweg und nahm ſomit etwa den doppelten Umfang des Altarhauſes und die Hälfte der ganzen Kirchen: länge ein eine Tatſache, die für die ſtetig zunehmende Entfaltung des Kultus und ſeiner großzügigen Zeremonien bezeichnend iſt..

Damit war nun wohl vorerſt allen liturgiſchen Bedürfniſſen und den Anforderungen des baulichen Zuſtandes der Kathedralkirche genüge getan. Die Vollendung des ganzen Dombaues darf mit jener Weihe des Auguſtinusaltars i. J. 1333 als abgeſchloſſen betrachtet werden, alſo etwa gleichzeitig mit einer entſprechenden großen Umwandlung des Havelberger Domes. Vieles iſt offenbar davon zugrunde gegangen. Vieles hat durch die zahlreichen Überarbeitungen des Domes und Ausbeſſerungen einzelner Teile feinen urſprünglichen Charakter eingebüßt.