Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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276 Dom Brandenburg .

Gotiſcher Flügelaltar von 1,70 m im Geviert an der Nordwand(Taf. 54). Der mittlere Teil des Schreines enthält unter einem reichen Baldachine die Figur der Gottesmutter mit dem Kinde, die, auf einem Poſtamente ſtehend, die ganze Höhe einnimmt, während neben ihr acht Heilige in zwei Stockwerken unter Baldachin reihen angeordnet ſind. Die Architektur ſowie die Gewänder der Figuren ſind faſt ganz vergoldet und laſſen der Farbe nur wenig Raum. Von den Tempera­malereien der Flügel ſtellen die des linken die Verkündigung Mariä und darunter die Anbetung der Könige dar, die des rechten Flügels die Krönung Mariä über der Darſtellung Chriſti im Tempel. Dieſe Malereien weiſt Kugler nach der Zeichnung und dem ſehr dunklen Kolorit der niederrheiniſchen Schule und der Zeit um 1400 zu. Auch die Rückſeiten der Flügel zeigen Spuren von großen, in Leimfarbe gemalten Standfiguren.

Die Kanzel(Taf. 52), die auf einer Figur des hl. Petrus ruht, iſt wie die Kanzeltreppe in prächtigem Barock mit Akanthusblättern, konſolförmigen Schnörkeln, Blumengehängen und Lorbeerkränzen aufs reichſte geſchmückt. Zwiſchen den mit Palmen belegten Bügeln des Schalldeckels ſind ſieben geſchnitzte Domherrenwappen angebracht. Die Unterſeite ſchmückt ein Gemälde, das die Ausgießung des heiligen Geiſtes darſtellt. Die Bügel vereinigen ſich zu einem Knaufe, der als oberen Abſchluß die Figur des hl. Paulus trägt. Beide in faltenreiche Gewänder von ſchönem Wurf gekleidete Kirchenfürſten ſind tüchtige Werke der dekorativen Plaſtik. In der reichen Bemalung der Kanzel herrſcht Gold ſtark vor. Sie wurde i. J. 1691 nach dem Vorbilde der damaligen im Dome zu Berlin angefertigt..

Der vielgliedrige Proſpekt der 1723125 erbauten Orgel, ein Werk des Bild­hauers Glume(Akten im Domarchiv), iſt von ſchwungvollem Barockornament umrahmt und vom preußiſchen Adler bekrönt. Die beiden Hauptgruppen der Pfeifen werden von zwei Männerhermen mit nackten Oberkörpern und Armen getragen, die mit großer Kunſtfertigkeit geſchnitzt und durch ihre Attribute merkwürdigerweiſe als die Apoſtel­fürſten Petrus und Paulus bezeichnet ſind eine ſeltſame Profanierung der einſt ſo hoch verehrten Patrone der Domkirche! Die an den Geſimſen befeſtigten Wappen mit Schriftbändern nennen mehrere Domherren als Stifter.

Die Taufe aus Sandſtein(Abb. 190), welche gegenwärtig im vorderen Teile des Hochchores aufgeſtellt iſt, hatte ihren Platz früher im Weſtteile des Schiffes und zwar nach Adlers Grundriß auf deſſen Nordſeite im zweiten Bogen von Weſten (vgl. die Beſchreibung der Kirche Seite 231). Ihr äußerſt wuchtiger, gedrungener Körper hat durchweg achteckige Kelchform. Fuß und Kufe ſind in breiter Fläche miteinander verwachſen; der plaſtiſche Schmuck beider iſt von ungleicher Art. Den Fuß umkreiſt in einer großen Kehle eine Reihe von Tieren vielleicht ſymboliſchen Sinnes, nämlich Bär, Kamel, Fuchs mit Gans, Haſe, Hund, Bock, von einem Mann an der Leine geführt, und Eber, dem ein Mann einen Spieß vorhält. Die Kufe zieren im unteren Teile große Dreipäſſe mit Roſen im Mittel. An ihrem oberen Rande zieht ſich ein lebendig gruppierter Figurenfries in Hochrelief(Taf. 53) herum, deſſen