Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
Seite
338
Einzelbild herunterladen

338 Dom Brandenburg .

zwiſchen den Bettreihen mündete wahrſcheinlich geradezu durch Gerkammer und Sa­kriſtei in das Presbyterium der Kirche. Erſt ſpäter wurde dieſer ſtörende Verkehr über die zu dieſem Zwecke erbaute Galerie(linea, vgl. S. 228) im nördlichen Kreuzarm abgeleitet.

Nahe dem nördlichen Teile des Dorments befand ſich oſtwärts vermutlich das Latrinenhaus und ein Bad.

Der nach dem Friedgarten offene Kreuzgang war, ſo viel wir wiſſen, nur im Nordflügel zweiſtöckig angelegt. Er diente nicht nur zur Verbindung der einzelnen Räume untereinander und mit der Kirche, ſondern im Erdgeſchoß auch als Wandel gang bei ſchlechtem Wetter und als Schauplatz der zahlreichen Prozeſſionen, die im Laufe des Jahres hier(in ambitu) abgehalten wurden oder die doch wenigſtens gewiſſe Strecken davon benutzten, wenn ihr Ziel ſie aus dem Bereiche des Kloſters hinaus führte(extra monasterium), um dieſes herum(per circuitum) nach der Peterskapelle (usque ad capellam sancti petri) oder gar nach dem Marienberg und den anderen Kirchen der Neu⸗ und Altſtadt. Da ein nördlicher Kreuzgangflügel längs der Kirche in Brandenburg nie zur Ausführung kam, ſo fiel deſſen Gebrauchsweiſe im allge­meinen und ſeine Verwendung für gewiſſe beſondere Zwecke dem öſtlichen Flügel (Abb. 240) zu. So mußten z. B. die erbaulichen Leſungen, welche man abends vor dem Schlußgottesdienſte dort abzuhalten pflegte, hierhin verlegt werden, wofür die an den Wänden hinlaufenden gemauerten Bänke als Sitzplätze vorgeſehen wurden. Hier fanden unzweifelhaft auch die wöchentlichen Fußwaſchungen der Brüder unterein­ander und die jährlich am Gründonnerstage wiederkehrende Fußwaſchung der Armen ſtatt. Dieſe wird im Breviar von 1488 als mandatum pauperum* unter beſonderen Angaben über die Herrichtung der Bänke vorgeſchrieben(sacrista tabulam ad man­datum peragendum percuti procuret). Leider fehlt eine beſtimmte Bezeichnung für den Ort der Waſchungsfeier; er iſt vielmehr nur allgemein umſchrieben durch die Wen dung:itur ad locum ubi mandatum peragi debebit. Nach der Fußwaſchung der Armen ſchritt man zur Mahlzeit zum Refektorium hinüber(deinde transitur ad re­kectorium). Später erfolgte dann die Fußwaſchung durch den Prälaten an den Brüdern (prelatus precingit se linteo et lavat et tergit et osculatur pedes fratrum). Aus dem Folgenden wird hervorgehen, wie wertvoll gerade hier die Nennung einer beſtimmten Srtlichkeit geweſen wäre; dennoch werden wir gut tun, aus ihrem Fehlen zunächſt keine weiteren Schlüſſe zu ziehen, als den, daß der Ort der Feier je nach der Witterung dem Wechſel unterworfen war. Bei günſtigem Wetter fand ſie ſeit alter Zeit imLeſegange ſtatt, und das war in Brandenburg der Oſtzug des Kreuz­ganges(Abb. 240).

Der öſtliche Kreuzgangflügel weicht von der durch das ganze Mittelalter ge bräuchlichen Lage ab, indem er, ſtatt in die Ecke zwiſchen Querſchiff und Langhaus der Kirche zu münden, gerade gegen deren Nordkreuzarm ſtößt und ſein Ende daran weſtwärts umbiegt. Dieſe höchſt ſeltene Ausnahme erklärt ſich aus dem Beſtreben, den Kreuzganghof und damit die ganze Anlage der Konventgebäude größer zu er halten, als die etwas kurze Kirche nach gewöhnlicher Weiſe ergeben haben würde und beruht vielleicht auf ſüddeutſchem Einfluſſe(vergl. die kunſtgeſch. Überſicht).