Zum Geleit.
In ewigem Wechsel zeigt die Geschichte des jüdischen Volkes seit dem Verlust seiner staatlichen Selbständigkeit ein dauerndes Auf und Ab von Niederlassung, friedlicher Arbeit, Ausgliederung, die sich in Ländern ohne Rechtssicherheit häufig zu blutiger Verfolgung steigerte. Aber überall spann die Judenheit den Faden ihrer Geisteskultur weiter, ohne etwa dem Schaffen und Wirken der Umwelt gegenüber teilnahmslos zu bleiben. Ist doch der Jude der Geschichtsmensch par excellence. Er lebt nicht nur in der Geschichte, sondern auch von der Geschichte. Hineingestellt in das Leben der Umwelt, empfindet er sein Judenschicksal; aber auch ihr Wohl und Wehe weckt in ihm einen Widerhall. Demgemäß nennt Jehuda Halevy den Juden das „Herz der Welt“.
Da sich der Sinn der jüdischen Geschichte erst enthüllt, wenn man sie in allen ihren Teilen kennt, so bedeutet es eine verlockende Aufgabe, das Schicksal der jüdischen Siedlung in Berlin und in der Mark Brandenburg aufzuzeigen, wie es sich in einem Jahrtausend beispiellosen Aufstieges vollzog.
Diese Beschränkung auf ein verhältnismäßig kleines Gebiet schließt jeden Versuch philosophischer Fragestellung, etwa nach Sinngebung und Endziel der jüdischen Geschichte, aus. Wenn überhaupt, so kann hier nur die Frage aufgeworfen — und beantwortet — werden: Wie haben sich die Juden in das Staatsganze eingeordnet und ihre Fähigkeiten in seinen Dienst gestellt?
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