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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
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Fünftes Kapitel Die Nachwehen der Tragödie von 1510.

Aus den Schränken der Hingerichteten kehrten die ver­pfändeten Kostbarkeiten zu ihren Besitzern zurück. Die Schuldscheine gingen in Flammen auf. Wer Haus und Hof an den Geldgeber verpfändet hatte, durfte wieder unter ei­genem Dache wohnen. Der Kurfürst wiederholte sein Ver­bot der Beleihung von Grundstücken.Judenbuden aus nichtstädtischem Besitz wurden jetzt von christlichen Woh­nungssuchenden bezogen, Häuser aus jüdischem von den Städten beschlagnahmt. Synagogen, Gemeindehäuser und Friedhöfe, z. B. in Spandau, wurden enteignet, Grabdenk­mäler zu Pflastersteinen oder Mauerwerk verwendet.

Dem Kurfürsten entging freilich die bereits in seinen Voranschlag auf weitere Jahre hineingerechnete Judensteuer. Eine erhöhte Steuerkraft der Märker hat den Ausfall ge­deckt.

Für die Kirche bedeutete die Tragödie von 1510 einen gewaltigen Triumph. Daß sie sich bemühte, diesen weidlich auszunützen, ist begreiflich. Druckschriften über Druck­schriften die erste in Nürnberg, 1511 trugen den schauerlichen Vorgang in die Lande hinaus. Holzschnitte und andere Abbildungen hielten ihn im Bilde fest. Bänkel­sänger trugen dieerschröckliche Moritat auf den Jahr­märkten vor, zum Ergötzen des in geistigen Dingen mehr als anspruchslosenkleinen Mannes. Je grauenhafter der Vorgang, desto höher sein Glücksgefühl.

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