Den gelehrten Dominikanern in Köln lieferte der Prozeß ein wertvolles Argument in ihrem Kampf gegen den Humanisten R e u c h 1 i n. Hat doch der Erzbischof von Mainz den diesen „Dunkelmännern“ nahestehenden getauften Juden Pfefferkorn zum Kaiser geschickt, um eine Verfügung gegen das von Reuchlin an keiner Stelle für christenfeindlich erklärte jüdische Schrifttum zu erwirken.
In der Mark ließ Bischof Hieronymus das von Knoblauch über Berlin nach Braunschweig gewanderte Stückchen Oblate zurückholen und in feierlicher Prozession in seine Berliner Hauskapelle überführen, im Dom zu Brandenburg einen angeblich von der Hostie blutbefleckten Tisch mit dem Messer des beschuldigten Jakob zur Verehrung aufstellen, die Legende selber auf vier Bildern an einem Schrank im hohen Chor des Domes zwecks Anbetung verewigen.
Der weltliche Arm, dessen sich die Kirche bediente, um sich für die Vollstreckung ihrer unmenschlichen Urteile einen Mitschuldigen zu sichern, griff nunmehr auch nach Braunschweig über. Auch dort waren Juden — und zwar die reichsten — in die entsetzliche Affäre verwickelt. Auf Veranlassung des brandenburgischen Kurfürsten nahm der Rat der Stadt Braunschweig 15 Juden in Untersuchungshaft. Sie wurden für kurze Zeit des Landes verwiesen. Unter diesen befand sich ein gewisser Akiba, Hofagent des Grafen von Lindow in der Mark. Der Graf und seine Untertanen waren so verschuldet, daß (1524) nicht einmal die Mittel vorhanden waren, um einen Berliner Arzt an das Sterbebett des letzten Lindower Grafen nach Ruppin zu berufen. Vor der Abwanderung „beschatzte“ der Braunschweiger Magistrat den reichen Akiba mit 5000 rheinischen Gulden, gestattete ihm aber bereits ein Jahr später die Rückkehr nach Braunschweig.
Vor ihrem Wegzuge aus den brandenburgischen Landen — in denen sie der Kurfürst unter sicherem Geleit bis an
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