Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
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Goethes Familie ein Beispiel fortschreitender Entartung.

Keime noch mehr als den Trinker schädigt. Der Alkohol verderbt zuerst die Blutgefässe, die Nieren und das Gehirn. Arterienerkrankung, Nierenerkrankung, Gehirnerkrankung sind die Hauptkrankheiten der Goethi­schen Familie. Frühsterbende kränkliche Kinder kenn­zeichnen die Familien der mittelstarken Trinker. Das stimmt wieder. Wenn das Verderben aufgehalten wird, und die Familie trotz des regelmässigen Trin­kens des Vaters erhalten bleibt, so liegt das an der Nüchternheit der Mutter. Die Gesundheit des Weibes ist die letzte Rettung. Trinkt aber die Frau auch, dann geht es zu Ende. Die Verbindung des Dichters mit Christiane besiegelte den Untergang des Geschlechtes. Bei alledem ist nicht von Trunk­sucht im gewöhnlichen Sinne des Wortes die Rede, sondern von dem täglichen Trinken der in Wein­ländern noch fürmässig geltenden Mengen, d. h. etwa von dem Goethischen Maasse: ein bis zwei Flaschen täglich.

Ahnungslos und heiter treiben in der Mitte des unglücklichen Geschlechtes die Frau Rath und ihr grosser Sohn ihr Wesen. Wie im Leben überhaupt Schlimmes und Gutes unaufhörlich vermischt ist, So sehen wir diese hellen Gestalten aus Dunkelheit her­vortreten, und Finsterniss ihnen folgen. Der Genius ist hier so recht die Perle in der Muschel: das Krank­hafte sprengte das normale Gefüge, und so entstand der Schmuck des menschlichen Geschlechtes. Man kann so sagen, man kann sich aber auch, wie früher, ins Pflanzenreich wenden: Der Stamm Goethes ist

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