Das Urtheil im Allgemeinen.
Wenn Einer die Werke Schopenhauers gelesen hätte und sonst nichts von Schopenhauer wüsste, So müsste er nicht nur Ehrfurcht vor seinem Geiste empfinden, sondern auch in gewissem Grade ein Bild des Menschen Schopenhauer vor sich haben. Er wüsste dann, dass diese Schriften ein hartnäckiger, heftiger, misstrauischer, manchmal rasch aburtheilender, aberauch im höchsten Sinne ehrlicher, vornehmer, uneigennütziger, tapferer, humorvoller Mann geschrieben hat. Wer nicht zu diesem Urtheile käme, dem fehlte es entweder am Kopfe oder am Herzen. Man könnte mit Bestimmtheit voraussagen, dass die aus den Schriften gewonnene Kenntniss des Mannes durch die Betrachtung seines Lebens bestätigt werden muss. So ist es auch. Wir finden in Schopenhauers Leben denselben Charakter wie in seinen Schriften. Wir finden einen ganzen Mann, der von der frühesten Jugend bis in das hohe Alter nur Ein Ziel hat, zu erkennen und das Erkannte zu überliefern, einen Mann, der nichts sucht als die Wahrheit und der seine Aufgabe mit einem Ernste und einer Treue ohne Gleichen erfüllt hat. Nach dem Erscheinen der Parerga schrieb Schopenhauer an Frauen