Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
8
Einzelbild herunterladen

EEE

Schopenhauers Person.

städt:Ich bin wirklich froh, die Geburt meines letzten Kindes noch zu erleben, womit ich meine Mission auf dieser Welt vollbracht sehe. Wirklich fühle ich jetzt eine Last, die ich seit meinem 24. Jahre getragen und schwer gespürt habe, von mir genommen. Das kann sich keiner denken, wie es ist. Aehnliches drückte er aus, als er kurz vor seinem Tode sagte, er habe ein rein intellectuelles Gewissen. Er war in der That getreu bis zum Tode, und sein Leben darf mit vollem Rechte heldenhaft genannt werden. Ein Mann wie Schopenhauer ist etwa Einem zu vergleichen, der den Auftrag hat, ein kostbares Glasgefäss auf die Spitze eines Berges zu tragen. Er kann unterwegs nicht Andere führen, noch sich durch Die, die am Wege sind, aufhalten lassen, stetig, ohne Nebenrück­sicht und ohne vom Wege zu weichen, muss er seine Last tragen, bis er mit ihr sein Ziel erreicht. Schon von diesem Standpunkte aus erledigen sich die meisten der albernen Vorwürfe, die die Philister gegen Schopen­hauers Leben zu erheben pflegen, dass er weder Soldat noch Stadtverordneter geworden sei, dass er keine Kinder aufgezogen habe, weder im Kreise treu­herziger Verwandten, noch in den Cirkeln edler Ge­selligkeit sich wohlgefühlt habe, u. s. W., U. S. W. Auf einzelne Gravamina wird später zurückzukommen sein.

Wenn einem sachverständigen Arzte Schopenhauers Schriften zur Begutachtung vorgelegt würden, so möchte er etwa Folgendes sagen. Wir finden hier einen Mann von einer in gewissem Sinne zwar einseitigen, aber so ausserordentlich grossen geistigen Begabung, dass wir