Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
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Schopenhauers Person.

Heiterkeit zugesetzt sei, während bei der Tochter dieser Zusatz fehlte. Zweifellos sind beide Geschwister im Grunde edle Naturen, beide sind ödsxoloı und beide sind reich befähigt. Aber der Unterschied des Ge­schlechtes erschwert jede Vergleichung zwischen Bru­der und Schwester ausserordentlich. Der Bruder ist rauh und fest, herb tritt er der Welt entgegen, findet Widerspruch und Streit, die Schwester passt sich der Umgebung an, verschliesst ihr Inneres, erscheint als sanft und schmachtend. Der Bruder ist ein schaffender Geist und hinterlässt eine Fülle neuer und fruchtbarer Gedanken, die Schwester verbringt ihr Leben auch mit geistiger Beschäftigung, das Ergebniss aber ist äusserst dürftig, denn es möchte schwer sein, bei ihr auch nur Einen neuen Gedanken nachzuweisen. Liegt der Unterschied allein in der Männlichkeit und Weib­lichkeit? Unser Wissen ist hier wie anderwärts Stück­werk, denn wir sind ebensowenig im Stande, den Gegensatz der Geschlechter gründlich zu beurtheilen, als den Gang der Vererbung. Nebenbei gesagt, Adele zeigt recht deutlich, dass die weiblichen Fähigkeiten weder durch bedeutende anregende Umgebungen, noch durch die Abwesenheit dererniedrigenden Haushalt­und Kinderstuben-Sorgen wesentlich gesteigert werden können, es bleibt beim Anempfinden und der mehr oder weniger geschickten Wiedergabe des Aufge­nommenen.. Andererseits ist es sehr schade, dass Adele nicht einen Sohn hinterlassen hat, denn an ihm könnte man vielleicht sehen, was in ihr gesteckt hat. Immer muss ich bei Adele an Cornelie Goethe denken,

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