Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
108
Einzelbild herunterladen

Schopenhauers Person.

ist meines Erachtens ein etwas gewagtes Unternehmen, und Scheve hätte besser gethan, alle Grundkräfte im einzelnen zu besprechen, statt nur eine Anzahl heraus­zugreifen. Ich habe leider trotz aller Mühe den Gips­kopf nicht zu Gesichte bekommen, muss mich daher bei der cranioskopischen Beurtheilung auf die Um­risse und Bilder verlassen. Das Wichtigste ist, dass der kleine Mann einen nach fast allen Richtungen hin gewaltig grossen Kopf hatte. Betrachtet man die Bilder, so sieht man, dass abgesehen vom Sprach­talente die eigentlichen Talente nicht stark ausgebildet sind. Das mathematische Organ fehlt fast ganz, die Anlage für Musik, die für bildende Künste, die für Mechanik, die für Poesie, sind schwach. Ferner fällt auf, dass der untere Theil der Stirn, obwohl an sich stattlich, doch sehr viel weniger entwickelt ist, als der obere Theil, und besonders die seitlichen Theile davon. In den unteren Theil der Stirn ver­legen Gall und seine Nachfolger allerhand Fähig­keiten, die zur Beobachtung und zum positiven Wissen tauglich sind, in den oberen Theil aber Urtheilskraft, Schlussvermögen und Witz. Insbesondere die Stelle, die Gall für denmetaphysichen Tiefsinn in An­spruch nimmt, ist bei Schopenhauer colossal entwickelt. Im übrigen ist der Vorderkopf nach allen Richtungen hin so stark, dass feinere Unterscheidungen kaum möglich sind.

Darin hat Scheve ganz Recht, dass die Breite des Kopfes über den Ohren ausserordentlich gross ist. Solche Köpfe haben viele alte Römer(man sehe