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Ueber die Schopenhauer-Bilder.
linken Hand stützend. Unter den Ellenbogen ist ein Taschentuch geschoben. Der Körper ist nach der Seite, aber nicht nach vorn geneigt, und Schopenhauer sieht geradeaus. Auch hier ist der Mund geschlossen, und auf dem Gesichte ruht sozusagen ein Lächeln, aber es ist mit Spott gemengt. Vgl. das Titelbild.
Diese Daguerrotypen sind unschätzbar, sie geben uns den lebendigen Schopenhauer, der die Parerga geschrieben hat, und sagen uns mehr von ihm, als alle übrigen Bilder. Vor dem Photogramm Schäfers haben sie besonders den Vorzug, dass auf ihnen der Verfall des Greisenalters noch nicht zu sehen ist.
2. Künstlerbilder.
Das Eigenthümliche der Künstler-Bilder gegenüber den mechanischen Bildern ist, dass sie mehr Schönheit und weniger Aehnlichkeit haben. Man drückt das gewöhnlich so aus, dass man sagt, sie stellen nicht den Menschen selbst, sondern sein Ideal dar. Schopenhauer selbst vertrat(wenigstens in seiner Jugend) diese Meinung.„Da die Künste, deren Zweck die Darstellung der Idee der Menschheit ist, neben der Schönheit, als dem Charakter der Gattung, noch den Charakter des Individuums und zwar idealisch, d. h. mit Hervorbringung seiner Bedeutsamkeit in Hinsicht auf die Idee der Menschheit überhaupt, darzustellen haben; so soll selbst auch das Portrait, wie Winkelmann sagt, das Ideal des Individuums sein“(W. a. W. u. V. I, 8 45). Das klingt sehr gut, ist aber schwer zu fassen.
