Teil eines Werkes 
Bd. 3, Teil 4 (1939) Die Kunstdenkmäler des Kreises Niederbarnim / bearb. von Heinrich Jerchel ...
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einer Urne befindlichen Profilbild des Verſtorbenen und dem liebevoll durchgebildeten Fruͤchtekranz am Sockel. Schadow nahe ſtehen auch die ausdrucksvollen Profilbildniſſe des v. Goldbeckſchen Grabmals(1820) 340 in Blumberg . Weiterhin muͤſſen hier die ſchoͤnen Köpfe am Eingang des Redentunnels in Rüdersdorf gez nannt werden; dargeſtellt find die Könige Friedrich II., Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III., 539- 542 ferner der Miniſter v. Heinitz und der Oberberghauptmann Graf v. Reden, wohl aus Rauchs Werkſtatt. Der Geſamtentwurf des Tunnelportals ſtammt von Friedrich Schinkel . Aus der Beteiligung dieſer Per⸗ 535 ſoͤnlichkeiten iſt zu erkennen, daß weit bis ins 19. Ih. hinein der unſelige Zwieſpalt zwiſchen kuͤnſtleriſchen und wirtſchaftlich⸗techniſchen Aufgaben noch nicht beſtand. Schinkels Wirken als Leiter der Oberbaudirektion erſtreckte ſich auch auf die Überprüfung der Vorhaben, die jetzt den ſtaatlichen Hochbauaͤmtern obliegen, und ſomit nahm er u. a. noch Einfluß auf den Neubau der Kirche in Liebenwalde (1833) und die Geſtaltung des Turmabſchluſſes in Blumberg (1822). Sein Schüler Auguſt Stuͤler ſchuf im Zuſammenwirken mit König 519 Friedrich Wilhelm IV. den Neubau der Oranienburger Kirche; auch der Neubau zu Birkenwerder (1847/49) geht auf ihn zuruͤck.

Die bei den Herrenhaͤuſern des 18. Ih. gelegenen regelmäßigen Ziergaͤrten wurden ſchon ſeit Anfang des

19. Ih. umgewandelt im Sinne des freien Landſchaftsparks; in dieſem Zuſtand haben ſie ſich, wenn auch vielfach arg beraubt und vernachlaͤſſigt, oft noch heute erhalten. Nur bei einem iſt die Beteiligung von Peter Joſeph Lenné nachzuweiſen, nämlich bei Dahlwitz. Weitere nennenswerte Parks liegen in Fredersdorf , Lanke, 357 Oranienburg , Schoͤneiche , Schoͤnfließ und bei Damms muͤhle. Der in dieſer Zeit neuerwachten Vorliebe für die freie Natur und die Jagd verdankt auch das an ſich ältere Jagdſchloͤßchen der Schorfheide in Groß Schoͤnebeck ſein neugotiſches Gewand.

Verwaltungsmaͤßig gibt es den Kreis Niederbarnim ſeit dem Jahre 1816. Aber auch ſchon fruͤher wurde der Hohe undNiedere Barnim unterſchieden. Bei der 181 geſchaffenen Kreisabgrenzung kam der Suͤdoſt­zipfel des, Hohen Barnim zum Kreis Niederbarnim, der dann in neuerer Zeit ein betraͤchtliches Gebiet an Groß Berlin hat abtreten muͤſſen. Wie fuͤr ſo viele deutſche Landſtriche beginnt hier gleichzeitig mit dem Auf­ſchwung der Induſtrie und dem Anwachſen der Bevoͤlkerungsziffern das traurigſte Kapitel für die Kunſt des Kreisgebietes. Die Erſchließung der Landſchaft durch Eiſenbahnen(1842/43 Bahn Berlin⸗Stettin, 1843 Gruͤndung der niederſchleſiſch⸗maͤrkiſchen, ſpaͤteren Oſtbahn, 1877 Berliner Nordbahn, 1881 Vorortverkehr Bernau, 1891 Vorortverkehr Oranienburg) brachte es mit ſich, daß um die außerhalb der Altſiedlungen angelegten Bahnhöfe neue Wohn- und Geſchaͤftsviertel aufſchoſſen, die planlos von Unternehmern hergeſtellt wurden. Der Übergang zu den alten Orten wurde ruͤckſichtslos und aus Verkehrsgruͤnden

oft unter Zerſtoͤrung der fruͤheren Bebauung durchgefuͤhrt. Das protzige Neue dringt auch mitten in

die Ortsbilder ein und die Sucht, den ſchnell erworbenen Reichtum zur Schau zu ſtellen, verfuͤhrt

zu architektoniſchen Aufgeblaͤhtheiten, die durch ihre Groͤße allen aͤlteren Beſtand um ſeine Wirkung bringen.

So iſt durch die neuen Gebaͤude auf der Nordſeite des Bernauer Marktes der Zuſammenklang des Wohnbaues mit der mächtigen Stadtkirche empfindlich geſtoͤrt. Das Beſtreben, ſich in der Anpreiſung von Ware gegen: ſeitig zu überbieten, ebnet den Weg für die Reklameauswuͤchſe, zu denen auch die ruͤckſichtsloſen Ladenein­bruͤche in den Erdgeſchoſſen zu rechnen ſind.(In Bernau beginnt man erfreulicherweiſe, dieſe Schaͤden wieder

zu beſeitigen.) Für all das wurden zudem durch die verbeſſerten Verkehrs moͤglichkeiten leicht herbeizuſchaffende, induſtriemaͤßig hergeſtellte und oft landſchaftsfremde Werkſtoffe benutzt.

Auf den Doͤrfern wirkten beſonders verheerend die eingreifenden Umbauten der Gutshaͤuſer und Kirchen, weil dieſe, wie früher im guten Sinne, nun verſchandelt das Ortsbild weſentlich beſtimmen. Der Reichtum der Gruͤnderjahre verfuͤhrte zur Errichtung von durch landfremden Zierkram verunklaͤrten‚Theaterſchloͤſſern (Blumberg , Fredersdorf , Höoͤnow, Lanke, Löoͤhme, Schoͤnfließ, Tasdorf) an Stelle der vornehm⸗ſchlichten maͤrkiſchen Gutshaͤuſer. Hier aͤußerte ſich der Individualismus der Zeit in kraſſer Form. Ahnlich ging

es den Dorfkirchen infolge der neuen Raumbeduͤrfniſſe durch die ſchnell anwachſenden Einwohnerzahlen und auch infolge der buͤrokratiſchen Erledigung der neuen Bauunternehmungen, deren Erzeugniſſe man heute am liebſten wieder beſeitigen moͤchte. Unter vielem anderen ſind hier die Kirchtuͤrme von Hen­nickendorf, Muͤnchehofe , Schoͤnfließ, Seeberg, Stolzenhagen, Wenſicken dorf und Zepernick zu nennen, ſowie