Teil eines Werkes 
Abth. 1 (1862) Handschriften / von F. Lebrecht
Entstehung
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grösster Achtung von den geistigen Schöpfungen der Talmudisten sprechend, setzte er auseinander, dass wir dankbare Erben der gelehrten Errungenschaften der alten Methode sein können, ohne das halbe Leben auf dem windungsvollen Wege vergeuden zu müssen, auf welchem sie in ihrer Absonderung gehen mussten. Eine umfangreiche Belesenheit und Würdigung des Lebens und der Geschicke der Urheber des Talmud seien aber Bedin­gung des richtigen Verständniss, und dem uneingeweihten, bloss mit Grammatik und Lexikon bewaffneten Linguisten entziehe sich, wie zahlreiche Beispiele lehren, oft genug die richtige Erklärung. Es sei daher jetzt grade die Zeit für die Forschung in den jü­dischen Schriften günstig, jetzt wo noch viele Männer aus der alten empirischen Schule ihre Belesenheit der wissenschaftlichen Methode zur Verfügung stellen können.

Soviel über den seit dem 12ten November 1856 herrschenden Geist in der Veitel Heine Ephraim 'schen Lehranstalt. Dass dieser freimüthige, aber jeder zügellosen Kritik fernstehende, Geist Anklang gefunden, zeigen die verschiedenen Persönlichkeiten der Zuhörerschaft in den 5 Jahren: Jüdische Zuhörer mit streng­altgläubigen Sinne sassen und sitzen neben eifrigen Anhängern der Reform und neben christlichen Studirenden der verschieden­sten Ansichten. Auch der verhältnissmässig günstige Stand der Frequenz ist zum Theil Folge dieser Lehrgrundsätze. Das Feld der jüdischen Wissenschaft lag in Berlin verlassen und es konnte eine eben ihr Entstehen ankündigende Anstalt nur gemässigte Hoffnung auf Theilnahme hegen, vollends da der Weg zum Amte nicht über den Boden der tiefern Studien führt, und daher nur der Besuch von Studirenden vorausgesetzt werden durfte, die von einer innern Neigung zu diesem Fache geleitet werden. Mehr als 70 Zuhörer theilten im Laufe dieser 5 Jahre den Besuch, dar­unter hörten die meisten mehrere Semester hindurch, und niemals musste eine angekündigte Vorlesung aus Mangel an Zuhörern unterbleiben. Die Lehrgegenstände wechseln so ab, dass ein Besuch von 4 Semestern den Zuhörer, welcher eine genügende Vorbildung besitzt und hebräisch versteht, in den Stand setzt, sich bei fortgesetzter Privatarbeit mit Erfolg wissenschaftlich auf dem Gebiete der Lehrfächer zu bewegen. Das beigegebene Ver­zeichniss der Vorlesungen mag dies anschaulich machen.

So wirkte die Anstalt, durch die wärmste Fürsorge der Vei­ tel Heine Ephraim 'schen Fiduciarien verwaltet, unter ihren