HERBSTWIESE IM POITOU
Nun leitet mich leise diese altvertraute Oktoberschwermut in die Winterruh. Ich seh im Weiten eine felsumbaute Wiese am Fluß der Blourdes im Poitou.
Da deckt die Herbstzeitlose mit dem leichenhaften, bläulichen Weiß wohl schön den grünen Grund. Doch wenn die Hände einen Strauß errafften,
so führe sie nicht unbedacht zum Mund!
Und wenn dein Aug auf diesen Teppich trifft, so hast du mit dem Blick genug genossen. Denn alle Pracht ist aus dem Leichengift
des toten Sommers geil emporgeschossen.—
Weit im Vergangenen, hinter der blumenbesäten, verlassenen Wiese im Poitou
steht in Holstein ein Wald, und am späten Oktobertag seh ich dem Knaben zu,
der dort— wie oft!— in einem regenfeuchten Dickicht unter der großen Buche saß
und hingerissen den armen, wahngescheuchten, schwermütigen, fremdblütigen Dichter las.
Nun lernte ich mein Leben besser hüten; denn aus den Zügen dieser Dichterschrift und aus der Herbstzeitlose bleichen Blüten steigt gleiche Schönheit auf und gleiches Gift.
Süß wie einst klingt der Vergeblichkeit Klage, die mit Wohllaut des Knaben Herz umgarnt; aber den Mann beschwört der kommenden Tage wartendes Werk: Bleib wach! Sei gewarnt!
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