Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
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MUTTERMÄCHTE

Komm doch, o Schlaf! Der Zeiger schiebt sich vor mit hohlem Hall.

In mein gemartert Auge stiebt

die Zeit wie Aschenfall.

Wenn dieses Raumes heißer Hauch den Atem mir beengt,

wenn aus zerwühlten Kissen auch Glut schlägt, die mich versengt,

schwebt hold mir her durch Graun und Brand zuletzt das Wunder Traum.

Es führt mich in mein Jugendland

an einen Waldessaum.

Da bettet es mich still zur Ruh. Das welke Laub wird Pfühl. Du liebe, alte Erde du,

wie bist du gut und kühl!

Und immer murmelt noch vertraut im Grund wie einst der Bach.

So klang des letzten Märchens Laut in ersten Träumen nach.

Die hohen Sterne wandeln licht hin über stilles Land.

Ein Wehen streichelt mein Gesicht wie eine linde Hand.

Nah ist der Erde Atemgehn, und Tröstung trägt die Nacht. Die ewigen Muttermächte stehn am Bett und halten Wacht.

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