Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
88
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DIE SAAT

O Mutterland, zerwühlt, zerstampft bis in die Ahnengrüfte!

Noch immer aus den Wunden dampft es hochauf in die Lüfte.

Ist das noch Blutdunst böser Zeit? Verwesungshauch von Leichen?

Ist es der neuen Fruchtbarkeit verheißungsvolles Zeichen?

Ist in der Untat doch die Tat

des großen Pflugs zu schauen? Was blieb, was haben wir als Saat den Furchen zu vertrauen?

Auf ödem Feld gärt wildem Mohn

im Kerne das Vergessen.

Fluch, Menschentum! lacht roter Hohn. Werft ab, was ihr besessen!

Und wenn ihr säen wollt, sät Haß, und der wird gut gedeihen! Hinweg! Ich will nicht hören, was die Flackerflammen schreien.

Hier glückte dem Vergißmeinnicht, die Wurzeln sich zu feuchten.

Aus seinen blauen Augen bricht ein starkes, stetes Leuchten.

Nach Höllenfeuer Himmelslicht! Was blüht mir im Gemüte?

Die kleine blaue Blume spricht: Vergeßt mein nicht! Sät Güte!