Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
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NUN STEHT DIE WELT IN BRAND

NACHTWACHE

Schrillt schon die Glocke? Einsam halt ich Wache. Lautlosen Flugs durch dunkle Gärten streicht die Eule, deren Schrei, die Teufelslache,

- sich jäh verwandelt, einem Wehruf gleicht, als habe ein Erbarmen für das schwache, geschlagne Tier ihr hartes Herz erweicht. Fühlt sie entsetzt mit einem Mal die Schande, als Würger nächtlich umzugehn im Lande?*

Tückische Nacht, die alte Schauersagen

vom Todesboten ins Geblüt mir träuft

wie schwärend Gift. Da werden viele Klagen der Eule aufs verworfne Haupt gehäuft.

Sie mag wohl auch in Kirchen Schändung wagen, wo sie das Ol der ewigen Lampen säuft

und von den Fängen sich die blutigen Male

des Mordens abspült in geweihter Schale.

Hat Wahn mir den gesunden Sinn genommen, daß er also die arme Eule schilt?

Vom Meer her wird der wahre Würger kommen, dem das Entsetzen dieser Nächte gilt.

Das Unheil lauert. Sonderbar beklommen schlägt mir das Herz, da nun die Glocke schrillt, da ferne Laute, die sich mühsam sammeln, gepreßt im Hörer von Gefahren stammeln.

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