IN DER KELTER
Während wir ahnungslos im mittagtiefen Frieden des Weinberges ein sommerliches Rauschen unseres Laubes und der Säfte Sieden
in täglich tiefer dunkelnden Trauben belauschen, kommt Erntetag des Schicksals unvermutet,
da wir uns plötzlich in seiner Kelter finden,
da unter mißtönendem Kreischen aus Gewinden die Traube ihr Verborgenstes zum Lichte blutet. Um uns rohe, spinnwebbehangene Mauern; mittäglicher Dämmerung folgt frühe Nacht.
In verlassenen Weinbergen trauern/
mit uns die falben Blätter und fallen sacht.
„Hingeben! Hingeben! Aber sich selber bewahren!“ mahnt arme Weisheit, marktet und dingt.
Wehe uns! Wohl uns, daß wir in Schmerzen erfahren, wie die Gabe des Ganzen gelingt!
Nur der Gemarterte, nur der Gepreßte
gibt das Letzte, gibt das Beste,
gibt, was bleibt.
Der uns durch Qualen treibt, der uns das Letzte nimmt, rüstet zum großen Mahle. Unser Blut ist bestimmt
für die schönsten Pokale,
die edelsten Gäste,
das Fest der Feste.
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