WIEDERSEHEN NACH VIERZIG JAHREN
So stark wir träumten, gleichen Weg zu wandern, hat es mich hierher, dorthin dich getrieben.
Sahn wir uns um, war einem von dem andern
am Horizont verlorner Punkt geblieben.
Früh blieb der letzte Zuruf unerwidert, und immer weiter, immer leerer dehnte
sich zwischen uns Getrennten ungegliedert, herbstlich bereift, die Ebene der Jahrzehnte.
Was ist geschehn? Du kamst, und so verweile! War nicht des einen Welt dem andern Thule? Wirbelt die Zeit, die Spinnerin, in Eile
den Faden Ferne rückwärts von der Spule?
Wir müßten alles Unbedachte büßen.
Aus leisem Überschwang noch droht Beschwerde. Sei still— und sieh den Spalt zu unsern Füßen! So schmal er ist, er reicht ins Herz der Erde.
Der weißen Ebene ungezählte Meilen
sind steilen Sturzes in ihn eingegangen,
um zwischen uns die Erde zu zerteilen.
Und Ferne bleibt— und ist kein Heimgelangen.
Gib deine Hände! Mit den meinen schlagen
sie in Verschränkung diese schmale Brücke,
die viel zu schwach, ein schweres Wort zu tragen, das Wort zumal von frühverlornem Glücke.
Das Schwebelächeln deiner Mädchenjahre, o sende zur Begegnung es entgegen
dem leichten Mut, der mein war. So erfahre den andern jeder spät und still als Segen.
Bald wird die Ferne, aus dem Lot gerissen,
der Ebene des Vergangnen heimgegeben.
Sehn wir uns nie mehr, werden wir ihn wissen: ein jeder seinen Ort im andern Leben.
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