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Sonderheft 2, Zur Entstehungs und Wirkungsgeschichte Fontanescher Romane
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baren Pakt der Partner resultiert, den Fontane selbst als den «kitzligen Punkt» seiner Geschichte bezeichnet hat (an Ernst Sdiubert, 14. Dezember 1884). Allerdings wird dieser Konflikt auch mit aller Virtuosität dargestellt, und zweifellos ist «Graf Petöfy» für den Dichter eine schriftstellerische Übung gewesen, die für die Reife von «Unwiederbringlich» oder «Effi Briest» unabdingbar war. « Die Arbeit ist nun ganz, was sie sein soll», schrieb Fontane am 30. August 1883 an seine Frau, «und liest sich wie geschmiert. Alles flink, knapp, unterhaltlich ...» Tatsächlich sind Gesprächstechnik, espritvolles Geplauder, subtile psychologische Motivation und verhaltene Darstellung die künstlerischen «Forcen» des Romans, der es sehr wohl ver­dient, daß man auch nach seinen zeitgeschichtlichen Hintergründen fragt.

Die Spur führt zu einem Ereignis im Jahre 1880, das weit über Theaterkreise hinaus Aufsehen erregte. Am 20. Mai heiratete die zweiunddreißigjährige Schauspielerin Johanna Buska (1848-1922) in Wien den österreichisch-unga­rischen Grafen Nikolaus Casimir Török von Szendrö (1812-1884). Török, der in jungen Jahren in die kaiserliche Armee eingetreten war, hatte sich einen Ruf als tollkühner Reiteroffizier und als einfallsreicher Organisator glanz­voller Festlichkeiten mit Reiterspielen erworben (gerade im Frühjahr 1880 war sein Name oft genannt worden, da er das «Carrousel» zur Vermählung des Kronprinzen Rudolf am 17. April 1880 arrangiert hatte). Er war zum Gene­ralmajor und Gardewachtmeister der königlich-ungarischen adligen Leib­garde avanciert. 1840 hatte er zum ersten Male geheiratet; seine Frau starb jedoch schon 1844. Über seine zweite Heirat 1880 brachte die Berliner « Natio- nal-Zeitung », die auch Fontane zu lesen pflegte, am 21. Mai in ihrer Morgen­ausgabe folgende Notiz:

«Die ehemalige kaiserlich-österreichische Hofschauspielerin Frl. Johanna Buska, welche bei den Berlinern aus der Zeit ihres Engagements am König­lichen Schauspielhaus im besten Andenken steht, hat nunmehr der Bühne Valet gesagt und ist gestern in den Ehestand getreten. Die nunmehrige Gräfin Török verabschiedete sich am Dienstag im Wiener Burgtheater vom Publikum als ,Elsa in Bauernfelds .Moderne Jugend. Die Rolle in dem Bauernfeld- schen Lustspiel war zum Abschiede gewählt worden, weil sie, nebst der Ka­tharina v. Rosen in .Bürgerlich und romantisch [ebenfalls von Eduard Bauernfeld], am prägnantesten das Lustspielterrain markiert, welches Frl. Buska das ihre nennen konnte. Aber auch in anderer Beziehung empfahl sich die Rolle für einen solchen Gelegenheitsabend durch den vielfachen Dialogs- Anlaß zur heiteren Analogie, welcher in ihr enthalten ist und auch vom Publi­kum lebhaft und lachend ergriffen wurde. So z. B. da Elsa davon spricht, daß sie nicht für junge Männer inkliniert, sondern den .gesetzteren den Vorzug gibt (Graf Török steht an der Grenze der Siebzig) - oder da sie in jugend­licher Skepsis meinte: .Geheiratet ist bald, aber wie lange es dauert - oder da sie sagt: ,Er liebt mich so sehr, der Graf ... Es fehlte nicht an zahlreichen