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Sonderheft 2, Zur Entstehungs und Wirkungsgeschichte Fontanescher Romane
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liert mit bewußter Absicht an das Nachfühlen der Leser und fordert da­durch ein langanhaltendes Interesse gewissermaßen heraus.»

Fontane hat Pniower für diese Beobachtungen Dank gewußt. Am 4. Septem­ber 1888 schrieb er dem Rezensenten einen Brief, in dem die ästhetische Qualität der Urteile Pniowers anerkannt wird, freilich nur diese: «Ihre Be­sprechung zu lesen war mir eine große Freude, zunächst natürlich, weil man sich gern etwas Angenehmes sagen läßt. Aber ich darf hinzusetzen, auch des­halb, weil ich, losgelöst von meiner Person, über das Ganze hin soviel feine Bemerkungen ausgestreut finde, Bemerkungen, die den Kritiker von Beruf erkennen lassen. In dieser Beziehung wenigstens hat sich in unsrer Tages­literatur vieles zum Beßren geändert, und Kritiker, wie wir deren jetzt ein halbes Dutzend haben (Namen will ich nicht nennen), existierten in meinen jungen Jahren entweder gar nicht oder gehörten den Universitäts- und Wis­senschaftskreisen an. In der Journalistik verwechselte man in grausamer Weise witzig sein und Kritiker sein. Ein jammervoller Standpunkt, der übri­gens auch in Politik und Kirche galt. Jetzt ist Ernst in die Sache gekommen, und ein Streben nach Wahrheit ist da. Es beglückt mich, diesen Wechsel der Dinge noch erlebt zu haben. »

Ganz so positiv wie in diesem Brief an Pniower beurteilte Fontane den «Wan­del der Dinge » jedoch nicht - jedenfalls nicht nach seinen Presse-Erfahrun­gen mit «Irrungen, Wirrungen». In einem Brief an Wilhelm Hertz vom 30. September des Jahres, in dem anläßlich des Erscheinens von «Fünf Schlösser» die Rezensionsfrage behandelt wird, geht Fontane bei seinen Vorschlägen von diesen Erfahrungen aus: «Es gibt eine ganze Anzahl von Zeitungen, die, aus mir unerklärlichen Gründen (denn ich wüßte nicht, daß ich je einem etwas zuleide getan hätte), einen förmlichen Haß gegen mich haben und dieser Abneigung bei jeder Gelegenheit Ausdruck geben. Die besseren darunter beschränken sich auf Schweigen oder kolossale Nüchtern­heit, was weniger ärgerlich, aber für den Absatz eigentlich noch unvorteil­hafter ist. An der Spitze stehen die konservativen Blätter: Kreuz-Zeitung, Post (diese vor allem), Reichsbote, dann das Blatt, das Prof. Herbst bei Perthes herausgibt; in Schweigen hüllen sich: Nordd. Allg., National-Zei- tung, Köln. Zeitung, Berl. Tageblatt, D. Tageblatt, während der Börsen- Courier, trotz entgegengesetzten politischen Standpunktes, in seinen Angrif­fen mit der Post wetteifert. Von den Monatsschriften schweigt Nord und Süd, von den Wochenschriften Gartenlaube (trotzdem Kröner mein Gönner ist) und Daheim. Es wäre nun mein herzlicher Wunsch, Sie ließen alle diese Blätter oder doch fast alle - zwei, drei Ausnahmen werde ich noch nennen - schießen und beschränkten sich auf Einsendung von Exemplaren an solche Blätter, die mir Wohlwollen und mir dies durch 20 Jahre hin bewiesen haben. Wozu dem Dr. Kropatschek, der ein ganz guter Mann sein mag (ich habe sogar so was gehört), oder dem Dr. Kayßler von der Post, der, glaub ich, findet, daß ich weder ihm noch seinen Leuten den Hof gemacht habe -