Eintragungen über die Dichterstätten enthalten die Notizbücher eine Vielzahl von Hinweisen auf Gedenkstätten der Thüringer Geschichte. Am ausführlichsten sind seine Aufzeichnungen über die Lutherstätten. Die Reise nach Schmalkalden, Coburg und Eisenach war vornehmlich eine Materialsammlung zu diesem Thema, sie füllen etwa ein Viertel der Notizbücher der Thüringenreise im Jahre 1873. Außerdem finden sich auch noch in den Exzerpten Vermerke zu Lutherstätten, und das Notizbuch C 7 enthält eine Lutherzeittafel.
Fontane hat sich mit der Gestaltung der Gedenkstätten zum Teil sehr kritisch auseinandergesetzt. Das gilt für die Rückertgedenkstätte in Neuses, vor allem aber für die Lutherstuben auf der Wartburg und auf der Veste Coburg. Diese Notizen sind in mehrerlei Hinsicht aufschlußreich, denn sie spiegeln nicht allein das zuvor dargelegte Verhältnis Fontanes zu den Denkmalen, sondern auch seine eigene Haltung zu den Persönlichkeiten, an die diese Stätten erinnern. So offenbaren seine kritischen Bemerkungen über die Museumsführungen in der Lutherstube auf der Wartburg zugleich seine zum damaligen Zeitpunkt große Verehrung für den Reformator, den er als einen Mann bezeichnet der „eben die Wahrheit wollte und nur die Wahrheit“ (vgl. S. 33).
Die Wartburg wie auch die Veste Coburg hatten im 19. Jahrhundert eine Gesamtinstandsetzung erfahren, die einem Wiederaufbau im historischen Sinne gleichkam. Im 19. Jahrhundert war das große Interesse an den historischen Denkmalen in der Regel mit dem Wunsche verknüpft, diese, so geringfügig der Originalbestand auch sein mochte, in ihrem äußeren Bilde und ihrer Innenausstattung so vollständig wie möglich zu präsentieren. In diesem Sinne hatte man auch die Lutherräume eingerichtet. Fontanes Kritik an diesen Ausstattungen muß in der damaligen Zeit als Ausnahme betrachtet werden, sie wurzelt in seiner besonderen Betrachtungsweise der Denkmale, vor allem seinem Anspruch auf historische Echtheit und Wahrheit, dem erhöhte Bedeutung zukam, wenn es sich um persönliche Erinnerungsstücke handelte. Eine Passage aus seiner Schrift „Jenseit des Tweed“ belegt, welch großen Wert Fontane gerade solchen persönlichen Erinnerungsstücken beimaß: „Alles Reliquienwesen müssen wir auf eine ganz bestimmte Person zurückführen können. ,Dies ist das Gebetbuch Jane Greys, dies der Eisenhut des Großen Kurfürsten, dies die Tabaksdose des Alten Fritz 1 , das hat ein Interesse; die Person selbst steht wie aus dem Grabe auf, trägt wieder die Sache oder stellt sich hinter dieselbe und gibt ihr dadurch ihren Reiz und Wert“ schrieb er angesichts des schottischen Königsschmuckes in Edinburg-Castle, bei dem er diesen bestimmten menschlichen Bezug vermißte (vgl. Theodor Fontane, Sämtliche Werke, Bd. XVII a. a. O. S. 222).
Aus einer solchen Haltung heraus mußte er die verfälschende Komplettierung der Lutherstuben ablehnen und das Vorgehen der Museumsführer, die spätere Zutaten als echte Erinnerungsstücke ausgaben, als Mißbrauch des Vertrauens der Besucher und als Pietätlosigkeit gegenüber der historischen Persönlichkeit verurteilen. Er notiert im selben Zu-
12