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Stelle des Pilpul und der Zersplitterung der einzelnen Fachstudien gesetzt Patte, zu dein neuen chabadäischen, läßt sich am Kürzesten durch den Vergleich des nn- magnetischen zum magnetischen Eisen verständlich machen. In der Schule des Gaon gilt nichts als das „Buch" und das subjektive Verständniß desselben. Die Moleküle liegen nebeneinander, stoßen sich durch die Gleichnamigkeit ihrer Pole gegenseitig ab. Im Chaßidismus ist der leitende Einfluß des Lehrers Alles, das „Buch" der Schlüssel des freien Studiums der eigenen Gcistesschatze. Der Wechselverkehr zwischen den ungleichnamigen Polen der einzelnen Individualitäten erzeugt die einheitliche Stimmung aus die Richtung eines gemeinsamen magnetischen Stromes, nach dem Spruche König Salomo's, des ältesten Kenners des Magnetismus: — IM ist zusannnengezogen aus — „Eisen
wird von Eiserv-LUgezogen, und der eine Mann im Verbände mit dem Antlitze seines Nächsten."
>- Die blitzamigen psychologischen Streiflichter, denen wir überall in den
/st Schriften des R. Dowber begegnen, hat der Raw (R. Senior Salman) zu einem W der merkwürdigsten Systeme experimentueller Psychologie verarbeitet. Unter ^ diesem modernen Titel verstehen die arischen Materialisten die Prüfung dev seelischen Vorgänge durch Vivisektion am Thiere. Aber, wenn man einem Hunde den Schwanz abschneidet und die Wirkung auf sein Gemüth und seine Nerven blaßlegt, so kann man es zu einer Kynologie, aber nicht zur Psychologie des Menschen bringen. Der Plan, mit dem Messer zur Seele vorzudringen, ist auf die falsche Prämisse der Negation einer solchen, auf dem Apsychtsmus, aufgebaut, auf dem Jägerlatein, das den Sitz der Seele des Hasen in denjenigen Körper- theil verlegt, der auf ein empfangenes Schrotkorn am Wenigsten reagirt. ^ Nach aller Naturwissenschaft kommt man dann heute zu den: Schlußresultat, das Bewußtsein sei das Geheimnis; der Geheimnisse (Hamburger Natursorschertag). Nach Darwin ist die Fortpflanzung das Geheimniß der Geheimnisse. Resultat der modernen Forschung ist also, daß der Mensch, d. h. das unsrem Geiste zugänglichste Schöpfungsstück, vollständig erforscht ist mit Ausnahme seiner obersten und untersten Sphäre, mit Ausnahme des Bauches, der für den Arzt wenigstens noch immer adllomen sepulcllrum meciicinae („der Bauch ist das Grab der Medizin") geblieben ist; wir sind aber von Herzen genügsam und klopfen an die Brust. Dem „Raw" hingegen bietet die Wechselwirkung zwischen Ich und Nichtich, zwischen Willenssystem und Handlung, zwischen Unbewußtem und Sprachorgan, zwischen Gedanken und Gefühlssystcm aus der Vogelperspektive der abgestreiften Körperlichkeit, dem wirklich durchgcführteu UsttuI llajeocü, Auflösung des Stoffes in geistiger Beleuchtung, einen überwältigenden Reichthum an kostbarsten Betrachtungen in dem Garten der der 63 Abschnitte der Thora, dem
Prototyp der Welt in ihrer Entwicklung in Natur und Geschichte.
Die Wechselwirkung des Kampfes zwischen den äußerlich gegensätzlichen, innerlich durch das Band geistiger, konfessioneller und nationaler Zusammengehörigkeit untrennbar vereinten Schulen hat seine Einwirkung auf den Chassidismus nicht verfehlt. Der Chabadismus ist ein Mittelding zwischen Chaßidismus und lllisnagUus geworden, wie dies der Raw selbst in einem berühmten Briefe ausdrückt, indem er an die Stelle der vom Balschemtow eingeführten Installation des Robbe als Vermittler des Gebetes für alle Bedürfnisse des Lebens, geistige wie physische, nur dessen doktrinäre Thätigkeit beibehalten wissen will. Ebenso macht er dem düstern Ernste der Frömmigkeit auf Kosten des chaßidisckien Frohsinnes weitgehende Konzessionen. Während der Choßid die sauertöpfische Frömmigkeit als etwas dem Wesen des Jndenthums fremdes, im heidnischen Umgänge importirtes feines Gift betrachtet, während er die zur Schall getragene Frömmig-