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bewerkstelligt, wo bleibt aber noch das häuslich relgiöse Leben der Juden, daß doch offenbar von einem großen Theile der Tempel-Mitglieder verletzt wird? Wo bleibt die Beobachtung des Werkverbots am Sab- bath? Wo das Verbot der als unrein bezeichneten Speisen, daß doch, wie Jedermann weiß, öffentlich verletzt worden ist, und zwar bei einer Gelegenheit wo es am auffallendsten war? Wo die unzähligen andern Gesetze die so oft und vielfach verletzt werden? Etwas dieser Art scheint allerdings die letzte der erschienenen Broschüren gemerkt zu haben, indem es da an emer Stelle heißt: „Ihr könnt uns vorwersen, daß „auch bei den Männern des Fortschrittes und in dem Streben nach „Fortschritt nicht Alles sei wie es sollte/"' ... Ein sehr wahrer Ausspruch, der noch mehr an Wahrheit gewinnen würde, wenn man ihn anders eonstruireu sollte; daß A lles s ei w ie e s n icht sollte; denn es kann sich ja Niemand verhehlen, und es können dies auch die nicht, die so eifrig an unsrem Seelenheil zu arbeiten vergeben, daß überhaupt alle die svgenanten Verbesserungen und das Streben nach denselben nur von solchen Männern ausgegangen sind, die in ihrem häuslichen beben sich nicht eben so strenge an die Vorschriften der jüdischen Religion gehalten haben, und die also wohl schon deshalb nicht geeignet waren, Vertrauen einem wahrhaft jüdischen Publicum einzuflößen. Schon daran meine Herren Gebetbuch-Verfertiger, kann man das Bodenlose Ihrer Bestrebungen erkennen, schon daraus ermessen, daß es nicht Ihnen um Förderung der Religion zu thun war, daß Sie bloß äußern Prunk, durch Flitterglanz das, was Sie von sich gestoßen haben, ersetzen wollten. Und wie haben Sie dies ersetzt?
Ihre eigenen Worte in der an einen hochedlen Senat gerichteten Supplik waren, der im Judenthum eingerissenen Indifferenz entgegen zu treten; wie haben Sie diese Aufgabe auch nur im Entfernteste» gelöset? Haben Sie nicht vielmehr dem Indefferentismus auf jegliche Weise in Ihren Reden noch mehr Bahn gebrochen? Haben Sie ihm nicht die etwa noch hindernden Dämmen aus dem Wege geräumt und beseitigt? Oder meinen Sie, es sei für den Juden genug, wenn er ermahnt wird, auf streng moralischen Wandel zu halten, sich nie gegen seine Mitmenschen etwas zu Schulden kommen zu lassen? Wo bliebe denn der Unterschied zwischen Religion und Moral, wo überhaupt ein Funke von positiver Religion? Moral und Tugend zu üben, lehrten ja schon die alten Weisen unter den Heiden; dies kann doch nicht der Standpunkt eines jüdischen Redners, nicht der eines jüdischen Geistlichen sein. Ein Theil der Forderung ist dies nur, die der Gott Israels an die Söhne seines Volkes richtet, bei weitem aber nicht die ganze Summe derselben. Kennen Sie denn nicht das Buch Cosri, dessen Anfang schon: "r'L/PQ ^28 1N212 „Deine Absicht ist
Gott gefällig, nicht aber deine Handlungen" bezeichnend für den ganzen