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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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denken, in des Wortes doppelter Bedeutung, welche aus dem Zimmer des Rabbiners in so frecher Weise entwendet worden waren.

Diesmal darf ich doch wohl sagen, daß unsere Werth- gegenstände gestohlen sind: oder weißt Du eine andere Erklärung für die öde Leere unseres Pretiosenschrankes?" fragte die Rabbinerin beklommen.

Ich weiß keine und das ist's, was mich fast soviel drückt, als der Verlust dieser theueren Werthsachen. Es fehlt mir jede Ahnung, fast jede Spur des Thäters. Es fehlt mir aber vor Allem die Möglichkeit, der dunklen That eine andere Lichtseite abzugewinnen, als höchstens die, daß der Thäter meine werthvollen Handschriften unberührt gelassen hat, die sich in der Seitenwand des Schrankes befinden."

Du sprichst von einem Thäter," bemerkte nach einer Pause die Rabbinerin.Vielleicht war es eine Thäterin, ich kann auch jetzt den Gedanken an das Mädchen nicht los werden, das uns am Sabbat die Oefen besorgt, und dem ich schon lange nicht traue."

Es ist Unrecht, auf eine bloße Vermuthung hin gegen irgend einen Fremden einen solchen schwarzen Verdacht auf- kommen zu lassen," entgegnete Rabbi Jesaja.Hat aber Je­mand aus dem Hause sich an unserem Eigenthum vergriffen, so ist es jedenfalls gut, wenn wir unsere ganze Umgebung genau beobachten. Dazu ist es aber rathsam, daß wir zunächst Niemanden in's Vertrauen ziehen. Sollten unsere Bemühungen erfolglos sein, so bin ich sogar bereit, der Polizei von dem Vorfall Anzeige zu erstatten."

Das willst Du?" fragte freudestrahlend die Rabbinerin.

Das war mein erster Gedanke, aber ich hatte nicht den Muth,

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