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sondern es ist ein besonderes, ungewöhnliches Anliegen, das Euch zu mir führt; ist's nicht so?"
Einen Augenblick war Rabbi Jesaja über die Wissenschaft seines Partners erstaunt, aber ein flüchtiger Blick aus den noch offen daliegenden Polizei-Rapport klärte ihn sofort auf. —
„Ich staune Eure Weisheit an; ich komme heute in der That nicht, um für Jemand anderen, sondern um für mich etwas zu erbitten. Aber verzeiht, von wannen stammt Euch diese Kunde?"
Diese Ueberlegenheit über den berühmten jüdischen Weisen that Herrn von Dingeldein ungemein wohl. Mit geheim- nißvollem Lächeln erklärte er, daß die Polizisten auch etwas Kabbalistik trieben, sonst wäre ihnen die Ergrllndung der Geheimnisse unmöglich, die so oft von ihnen gefordert wird. Und womit könnte ich Euch dienen?"
Rabbi Jesaja erzählte nun mit allen Details die Entdeckung des großen Diebstahls und schloß seine Darstellung mit dem Ersuchen, ihm zur Wiedererlangung der gestohlenen Werthgegenstände behilflich zu sein.
Der Stadthauptmann, so war der offizielle Titel des Herrn von Dingeldein, ging während dieses Berichtes, die Hände auf dem Rücken, mit großen Schritten auf und ab. Nachdem Rabbi Jesaja geendet hatte, blieb Herr von Dingeldein vor ihm stehen, legte die rechte Hand auf die Schulter des Rabbiners und sprach vorwurfsvoll, halb theilnehmend:
„Werdet Ihr nun endlich das Verfehlte und Gefährliche Euerer Art und Weife einsehen, wie Ihr Jahr ein Jahr aus fremdes Gesindel in Euer Haus einlaßt und ihm dort Unterschlupf gewährt? Euere schlecht angebrachte Herzensgüte und