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Welt so viel und so wenig, als er selber aus sich macht. Hier in Euerer Lernstube, wo Ihr vor Gott allein und den heiligen Sesorim steht, muß Euere Selbstanklage am Platze sein, aber der Welt gegenüber schmälert Ihr die Ehre der Thora, wenn Ihr auf Euere Ehre nicht achtet, hier gilt es den vollendeten Mann und Meister zu zeigen, als welche Euch die Welt mit Recht verehrt und bewundert. Vielleicht ist diese Wahrheit in dem bekannten Spruche der Väter enthalten: „Wenn ich nicht für mich bin, wer ist dann für mich; bin ich aber für mich allein, dann (ist es gestattet von sich selbst zu sagen) was bin Ich?" — Dazu kommt noch, daß Ihr in Wirklichkeit keitr Unrecht ge- than habt, wenn Ihr alle erlaubten Mittel und Wege an- wondet, um wieder zu Euerem Eigenthum zu kommen. Wenn die Polizei dann zu einer allerdings so unmenschlich grausamen Maßregel griff, die noch dazu aller Wahrscheinlichkeit nach einen Unschuldigen trifft, so habt Ihr das doch nicht gewollt und nicht beabsichtigt und die Verantwortung für diese Härte haben doch nur diejenigen zu tragen, die sie befohlen und vollzogen haben; Ihr doch wahrlich nicht! Könnt Ihr wirklich sagen, daß' Ihr mit Euerer Handlungsweise gegen einen Ausspruch von Schas und Poskim verstoßen habt?"
Einen Augenblick schwieg Rabbi Maja auf diesen von leidenschaftlicher Freundschaft durchwehten Erguß seines ersten Vorstehers. Dieser Beweis der Freundschaft that seinem wunden Gemüthe offenbar wohl, aber ein wehmüthiges Lächeln verrieth dem aufmerksamen Beobachter sofort, daß die schwachen Stellen dieses Plaidoyers dem Scharfblick des Meisters nicht entgangen waren.
„Ihr seid mir ein theuerer, treuer Freund," Hub er an, „aber, daß, wie die Weisen sagen, die Liebe das Gerade krumm