Druckschrift 
Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
Seite
82
Einzelbild herunterladen

82

größerer Sicherheit und besserem Erfolg ihre Nachforschungen vornehmen kann, als es dem Bes Din möglich gewesen wäre. Aber, was aus der einen Seite zu meinen Gunsten spricht, klagt mich andererseits um so schärfer an. Ich habe sicher unsere harmlosen nichtjüdischen Bediensteten unschuldigerweise verdächtigt, und dieser falsche Verdacht, dessen Einflüsterungen mich auf die Polizei trieben, sind wieder eine Sünde, an deren Folgen ich nun leide. Wie groß sind doch die Worte unserer Weisen, gesegnet sei ihr Andenken:Wer Unschuldige fälschlich verdächtigt, wird an seiner Persönlichkeit gestraft!" Sie sagen nicht, wer unschuldige Juden, sondern wer Unschuldige ver­dächtigt! Und da soll ich meine Schuld vor der Oeffentlichkeit vertuschen und beschönigen, weil ich in den Augen mancher Menschen als ein großer Mann erscheine? Wäre ich nur über alle Fragen und Zweifel so klar, als ich es über meinen Werth und den Rang bin, den ich als der Geringste unter den Tausen­den in Israel einnehme, die an ihrem kleinen Finger mehr sind, als ich an meinem ganzen Körper. Wäre ich aber wirklich von den wahrhaft Großen in Israel einer, wäre ich dann wirklich größer, als unsere großen Ahnen und Vorbilder, die niemals Anstand nahmen, ihre Fehler vor aller Welt zu bekennen, wäre ich wirklich mehr als David, dessen Handlungsweise Niemand hätte so gut verheimlichen können, als er selber, und die Nie­mand so laut und so scharf verurtheilt hat, als eben er selber? Wie groß, wie einzig groß, sind doch unsere Altvorderen selbst in ihren Schwächen und Fehlern! Wer zählt die Tausende, die Hunderttausende, die sich im Laufe der Zeiten an den Buß­psalmen der Teschuba Davids wieder aufgerichtet und daraus neue Kraft und frischen Müth für ein neu zu beginnendes, gott­gefälliges Leben geschöpft haben! Deshalb will ich lieber in