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dieser Welt beschämt dastehen, um dafür geläutert und ungetrübt die Ewigkeit zu genießen. Wenn ich nicht mehr makellos, wie bisher, vor der Oeffentlichkeit dastehe, so sollen diejenigen, die auf mich ihre Blicke richten, wenigstens ein der Teschuba, der Rückkehr zur Pflicht gewidmetes Leben schauen. Vielleicht ist es mir durch Gottes Gnade doch noch einmal vergönnt, meine schwere Sünde zu sühnen, vielleicht aber ist es mir —" Hier mußte der erregte Sprecher erschöpft innehalten — Die besorgte Gattin setzte dem Fastenden Speise und Trank vor, die er nun nicht länger verschmähte. Rabbi Abraham Breitingen verabschiedete sich mit warmem Händedruck und verließ, überwältigt von dieser Seelengröße, das Haus des gefeierten Meisters in Israel.
XI.
Seit den geschilderten Vorgängen war eine längere Zeit dahingegangen. Die aufgeregte öffentliche Meinung der Frank furter Judengasse hatte sich allmählich wieder beruhigt. Auch Rabbi Jesaja hatte seine volle, vielseitige Wirksamkeit wieder ausgenommen und schien in dieser rastlosen Thätigkeit wieder bie Ruhe und den Frieden gefunden zu haben, den der merkwürdige Diebstahl und die sich daran knüpfenden Vorkommnisse verscheucht hatten. Aber diese Ruhe war nur eine scheinbare, mit Gewalt erzwungene. Die Welt mochte sie für die frühere glückliche und beglückende halten. Die Gattin sah schmerzlich bewegt den Kummer an dem Seelenfrieden ihres Gatten nagen. Er fastete mehr als sonst, schlief noch weniger, vertiefte sich noch eifriger als sonst in das Studium der Thora, aber an Stelle der Heiterkeit, die dieses ganze gottgeweihte
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