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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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deshalb ein goldenes, mit Diamanten und Perlen besetztes Ge­schmeide für die Rebbezen mitgebracht, das Ihr derselben im Namen der Prager Gemeinde übergeben wollt, um dieselbe günstig für uns zu stimmen."

Mit feinem, verbindlichen Lächeln nahm Rabbi Jesaja das Sargereichte Schmuckkästchen hin und sagte, nachdem er als Kenner die Steine und ihre Fassung bewundert hatte, zu den Sendboten:

Ich danke Euch für dieses kostbare Geschenk im Namen meiner Frau, der ich es übergeben werde. Aber ich bemerke Euch sofort, daß ich es erst überreiche, nachdem wir die Sache erwogen und sie mir zuräth, Euch zu folgen. Warum sollte ich den Scharfblick einer fo bewährten, treuen Rathgeberin durch eine so glänzende Bestechung trüben? Dafür erhaltet Ihr aber das werthvolle Präsent wieder zurück, für den Fall, daß die Rebbezen nicht damit einverstanden ist, daß ich nach Prag gehe. Mir ist aber durch Euer eigenthümliches Geschenk die Schwierigkeit in der Gemoro gelöst, die Ihr soeben angedeutet habt. Vielleicht hat Rabbi Elieser ben Asarja gefürchtet, als die Weisen ihn zum Präses wählen wollten, sie würden es eben­so machen wie Ihr, und seine Frau durch Geschenke günstig stimmen wollen. Deshalb sagte er, er müsse die Sache nicht nur mit der einen Frau, sondern mit seinen sämmtlichen Haus- leuien überlegen. Diese alle aber mit so reichen Geschenken zu gewinnen, mag ihnen gewiß zu kostspielig gewesen sein."

In Wirklichkeit erhielt die Rabbinerin den herrlichen Schmuck. Sie war mit der Uebernahme des Prager Rabbinats durch ihren Gatten von Herzen einverstanden. Sie glaubte fest, daß das Verlassen seines bisherigen Wirkungskreises dem Gatten die verlorene Ruhe wiedergeben würde. Wohl wußte