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„Ich denke noch daran; und der arme Mensch, der durch mich in's Unglück gestürzt wurde, denkt auch noch daran. Wenn wir aber auch Alle daran vergäßen, Gott denkt noch daran; vor dem Throne seiner Herrlichkeit giebt es kein Vergessen."
„O, mir kommt ein Gedanke! Ihr verlaßt uns gar, weil Euch dieser Vorgang noch immer drückt! Wenn das der Fall ist, so bitte ich Euch inständig zu bleiben; es hegt Niemand gegen Euch deshalb mehr einen unlauteren Gedanken; es ist dichtes Gras über das ganze Geschehniß gewachsen."
„Ich danke Euch und gebe Euch die Versicherung, daß es diese Rücksicht nicht ist, die mich von hier fortzieht. Die letzten Wochen haben mir täglich so viel Beweise liebender Verehrung gebracht, daß ich auch ohne Euere Mittheilung davon überzeugt war. Wir wollen jetzt nicht vernarbte Wunden aufreißen. Ich werde meinem Versprechen treu bleiben, und sofort nach Peßach Frankfurt verlosten, so Gott will. An diesem Entschluß ist nichts zu ändern."
XII.
Wenige Tage vor dem Wochenfest war Rabbi Jesaja mit seiner Familie und zahlreichen Schülern, die sich von dem Meister nicht trennen wollten, in Prag eingetrofsen. Auf dev langen, beschwerlichen Reise war er bemüht, Nachforschungen über den Aufenthalt Proßnitzers anzustellen. Er war wahrhaft erfinderisch in der Art und Weise, seine Umgebung in jeder Gemeinde nach einem Bachur mit einem einzigen Ohre auszu^ fragen; aber ohne Erfolg.
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