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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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keine Ruhe fandet, und sie erst hier im heiligen Lande wieder­zugewinnen denkt."

Ein heftiges Schluchzen nöthigte Proßnitzer inne­zuhalten. Rabbi Jesaja benützte die Pause, um Proßnitzer zu fragen, woher er denn, trotz seiner Abwesenheit von Frankfurt, so genau über dies Alles unterrichtet sei.

Ich kann Euch diese Frage nicht beantworten, wenigstens nicht vollständig. Nur soweit darf ich Euch sagen, daß mich die That von dem Augenblick an, wo ich sie begangen hatte, unsagbar gedrückt und unglücklich gemacht hat. Ich konnte das Geheimniß nicht allein tragen; das Herz wäre mir ge­brochen. Deshalb habe ich sie einem Freunde anvertraut, nach­dem wir uns vorher durch Handschlag und Cherem (Bann) unverbrüchliches Stillschweigen gelobt hatten. Auch heute darf ich den Namen nicht nennen; es ist ja der Name eines Hehlers, der für so verwerflich als der Stehler gilt. Dieser Freund hat mich fortwährend über Alles unterrichtet, er schreibt mir noch heute regelmäßig, er war auch der erste, der mich von Euerer Reise unterrichtete. Aber, daß Ihr längst den Wunsch gehegt habt, hier Euere Tage zu beschließen, das war mir aus Euerem eigenen Munde bekannt und deshalb war mein Sinnen und Trachten darauf gerichtet, nach Erez Israel zu kommen. Hier hoffte ich Euch sicher früher oder später zu finden. Was ich an Verachtung, Entbehrung und Kümmernissen jeder Art zu er­tragen hatte,, vom Tage meiner Ausweisung an bis ich hier landete, das will ich Euch ein anderes Mal erzählen. Ich trug die entehrende Verstümmelung der Diebe im Gesichte und wurde überall als solcher behandelt, bis ich auf meinen Streif- und Qucrzügen einen Mann fand, der sich als Zauberer, Kur­pfuscher und Wunderdoktor ausgab. Dieser gab mir. ein