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weit zurück, daß er sie gewiß nicht mehr zur Sprache gebracht hätte, wenn nicht Folgendes eingetreten wäre:
Er traf den Rabbiner in einer seelischen Aufregung, wie er sie noch niemals bei ihm gefunden hatte, die sich aber jetzt in Stimme, Haltung und in jeder Bewegung so auffallend be- merklich machte, daß Bensew nach der ersten Begrüßung sofort den Rabbiner darüber befragte.
„Ist Euch irgend etwas pafsirt, Ihr seht so aufgeregt aus, daß Ihr mir wohl die Frage verzeiht. Ist in der Familie und in der Gemeinde Alles wohl?"
„Alles wohl! Es fehlt mir gewiß auch weiter nichts, als ein wenig Ruhe. Wenn Ihr zwei Stunden früher gekommen, hättet Ihr mich nicht zu Hause getroffen; ich komme gerade von Kassel zurück und die Reife hat mich wohl ein wenig angestrengt."
Als Bensew von Kassel hörte, wurde er aufmerksam.
„Es war gewiß eine Sitzung des Landrabbinats. Da kann bei dem Kurs, der dort herrscht, schon Manches Vorkommen, was einen Rabbiner Eures Schlages nicht gerade angenehm aufregt. Was geht denn da wieder vor?"
„Es gehen Dinge vor, die nicht nur einen Rabbiner, sondern auch den letzten gewissenhaften Juden im letzten hessischen Dorfe beunruhigen können."
„Und das wäre?"
„Das Schlimmste dabei ist, daß ich es weder Euch, noch -einem Anderen sagen kann, denn wir haben uns gegenseitig das Ehrenwort gegeben, daß nichts davon über unsere Lippen kommen darf, bis das Unglück geschehen ist."
„Das Unglück, welches Unglück?"
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