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Bräuchen und Gebeten aufräumt, feste, greifbare Formen annimmt, wenn dieser Angriff auf unser Allerheiligstes gar die- landesherrliche Sanktion erhielte, so könne er leicht die Erschütterung des religiösen Bewußtseins ermessen, die sie im ganzen Lande bis in die letzte jüdische Dorfgemeinde zur Folge haben müsse. Aus das Landrabbinat einzuwirken, sei bei der religiösen oder vielmehr unreligiösen Richtung seiner treibenden Elemente aussichtslos. Giebt es ein Mittel, um auf den Minister einzuwirken, daß er die Genehmigung versagt?
Der Pfarrer sah den Sprecher groß an, als wolle er sich überzeugen, daß Alles bei ihm in Ordnung sei, nahm dann eine Prise und sagte:
„Da ist guter Rath theuer. Ihr wißt, Hassenpflug ist im kurhessischen Ländchen allmächtig, aber unzugänglich. Er gehört der streng-orthodoxen Richtung in der Landeskirche an und sympathisirt daher wohl mit den Anhängern jeder positiven Religion, also auch mit Eurem Begehren. Aber er weiß gar nichts von dem Zwiespalt in Eurem Lager, so wenig ich davon wüßte, wenn Ihr mir nicht schon so oft darüber berichtet hättet. Was könnte man da thun? Wollt Ihr eine Eingabe an den Minister machen und ihm die Verhältnisse, wie sie sind, darlegen? Ich bin gern bereit, sie nach Eurem Ermessen auszuarbeiten und zu Papier zu bringen. Aber es wäre schade für jeden Federstrich. Die Eingabe wandert in den großen ministeriellen Papierkorb, vielleicht ungelesen, jedenfalls unverstanden. Das wäre aber noch der beste Fall. Möglich wäre aber auch, der Minister schickt Eure Eingabe mit Haut und Haaren zur Begutachtung und Berichterstattung an das Landrabbinat und dann hättet Ihr die Bescheerung fertig. Dem Minister gegenüber erklärt Euch das Landrab-