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binat für wahnsinnig und Ihr selbst seid von der Stunde an allen Chitonen und Nörgeleien ausgesetzt, mit welchen eine solche Behörde schon einem das Leben verleiden kann. Wie ich Euch kenne, nähmet Ihr auch das gerne in Kauf, wenn Ihr nur Eurer Sache dienen könntet. Aber Ihr könnt ihr auf diesem Wege nicht dienen. Wie könnte der Synagogenälteste einer kleinen Dorfgemeinde einen solchen Kampf gegen das einflußreiche Landrabbinat führen. Den Mitgliedern dieser Behörde, die auf Eurer Seite stehen, ist der Mund geknebelt; nach menschlicher Berechnung ist der Kampf völlig aussichtslos und deshalb weiß ich hier wirklich keinen Rath."
„Dasselbe habe ich auch gedacht," entgegnete Bensew. „Deshalb ist mir ein anderer Gedanke gekommen. Der Minister Hassenpflug mag in religiösen und politischen Dingen so reaktionär und unzugänglich sein, wie alle Welt sagt; ich halte ihn für einen gerechten Mann. Er hält sein religiöses und politisches System ohne Zweifel für den Ausbund aller Gerechtigkeit, deshalb huldigt er ihm. Er würde aber ebenso der freisinnigsten Demokratie huldigen, die er heute mit allem Nachdruck bekämpft, wenn er sie für eine gerechte Sache hielte. Kurz, ich meine, man muß den Minister über die Dinge, d. h. hier über die Zustände innerhalb der heutigen Judenheit aufklären, verstehen Sie mich?"
„Gewiß verstehe ich Euch. Ich verstehe auch die Mäuse in jener Fabel, die, um der Gefahr entgegenzutreten, welche die Katze für sie bedeutet, den weisen Entschluß faßten, man solle der Katze eine Schelle umhängen, damit man schon von der Ferne höre, wenn sic kommt und seine Maßregeln danach treffen könne. Die Ausführung des weisen Rathes scheiterte nur an dem Umstand, daß sich keine Maus fand, die es wagte.