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der Katze die Schelle um den Hals zu binden. Wer soll hier den Minister ausklären?"
„Ich meine Sie, Herr Pfarrer! Sie sollen morgen früh nach Kassel gehen und dem Minister Alles erzählen, wie es Ihnen bekannt ist; ich glaube, er wird es Ihnen noch danken. Sie können vor dem Minister das Wort führen, besser wie ein anderer. Was halten Sie davon?"
„Ich halte davon, daß Eure Liebe zu Eurer Religion und Euer Eifer für dieselbe Euch so blind gemacht haben, daß man den sonst so einsichtigen, klarblickenden Heinemann Ben- sew gar nicht wiedererkennt. Denkt Euch doch einmal die Dinge, wie sie wirklich liegen. Ich, der simple, linkische Landpfarrer, gehe morgen nach Kassel , melde mich zur Audienz bei Sr. Excellenz dem Minister Hassenpflug, dieselbe wird mir auch bewilligt und ich sage mein Sprüchlein so gut herunter, wie Ihr es nur wünschen könnt; und dann? — -— Dann wird doch die erste Frage sein, wie kommt ein christlicher Geistlicher dazu, sich um jüdische Religionsanliegen zu kümmern. Se. Excellenz wird auch fragen: Von wem mir diese Wissenschaft kommt, was ein Pfarrer in einem abgelegenen hessischen Dorfe für ein Interesse daran hat, den Minister aufzuklären, wer mich geschickt hat, wer alle die Hintermänner sind, die mich vorgeschoben haben, mit wie viel Geld ich von den Juden gekauft bin und dergleichen Annehmlichkeiten mehr. Was würde der Minister von einem Juden denken müssen, der vor ihn mit Beschwerden über Unzulässigkeiten innerhalb der Landeskirche treten wollte? Hat man schon einmal gehört, daß vor den Behörden ein Jude die Sache der Christen vertreten hat? Und wie sollte ein Christ die Anliegen der Juden vertreten!?"