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„Nein, Rabbi Lob/' erwiederte er mit einer Feinheit, die dem geriebensten Diplomaten Ehre gemacht hätte, „so war's nicht gemeint, daß Ihr mir mit Eurem Geld aus der Klemme helfen sollt. Ich Hab' mir's eingebrockt und ich muß es auch selber ausessen. Von Euch wollte ich nur Eure Meinung darüber hören, ob Ihr glaubt, daß das Loos wirklich gezogen wird oder nicht. Sagt Ihr: Ja, nun dann behalte ich's und kann dafür schon die Beklemmung drei Wochen lang hinnehmen, vor meinem Gitelleben einen Ssod (Geheimniß) zu haben. Sagt Ihr aber nein, das Loos kommt nicht heraus, wie kann ich Euch dann zumuthen, daß Ihr ein leeres Stück Papier für fünf Gulden kaufen sollt?"
Rabbi Löb Lemberger erkannte sofort die ganze Situation. Jankel war ein braver, fleißiger Mann, den es drückte, vor seiner wackeren Frau ein Geheimniß zu haben. Aber so groß diese Beklemmung war, so war seine Sucht auf leichte, schnelle Art reich zu werden, doch viel größer.
„Ob das Loos mit dem Treffer herauskommt," ent- gegnete Rabbi Löb Lemberger, „das weiß ich so wenig, wie Ihr heute wissen könnt, was morgen Trumpf ist. Aber so viel kann ich Euch sagen, daß es tausendmal eher nicht herauskommt als ja. Ich hätte Euch das Loos abgekauft, nicht weil ich glaube, daß es herauskommen wird, sondern um Euch einen Gefallen zu thun. Wenn Ihr morgen nach Krakau fahren wollt, könnt Ihr bei meinem Banquier zwanzig, vielleicht auch fünfundzwanzig Gulden dafür bekommen. Wenn Ihr wollt, gebe ich Euch einen Brief an ihn mit, dann werdet Ihr reell behandelt oder wenn Ihr mir das Vertrauen schenkt, so könnt Ihr die Reise sparen; ich schicke Euch dann das Loos direkt her Post nach Krakau."