Druckschrift 
Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
Seite
250
Einzelbild herunterladen

250

wie hier in Wien . Nur war zu Hause Alles insofern bequemer, als diese Appartements alle in einem und demselben Raume vereinigt waren, während sie hier über eilte ganze Etage ver- iheilt auseinanderlagen. An die spiegelglatten Parquetböden im Vergleiche zu den soliden, mit Sand bestreuten Tannen- dielen von zu Hause, mußten sie sich auch noch gewöhnen. Aber wenn sie diese und ähnliche unvermeidlichen Anhängsel der Großstadt erst überwunden hatten, durften sie auch hier das Glück zu finden hoffen, dessen sie sich zu Hause erfreut hatten.

1 ^.

Dreimal täglich besuchte Janlel die Synagoge, und Abends das Bes Hamidrasch. Er konnte selbst nicht lernen, aber er hörte gerne zu, wenn gelernt wurde, und er wußte, daß der Besuch des Lehrhauses an und für sich eine verdienstvolle That ist, auch wenn man selbst nichts vom Lernen versteht. Oft spazierte Jankel durch die Straßen der Stadt, besah die Buden und Geschäfte, immer in der Hoffnung etwas zu finden, was für ihn eine Beschäftigung abwerfen könnte. Einigemale hatte er sich auch so gründlich in dem Straßenlabyrinth verirrt, daß es ihm schwer fiel, wieder seine Wohnung aufzusinden. Die zwei Knaben gingen zur Schule und lernten lesen und schreiben. Dies ebenfalls zu können, hatte Jankel läügst gewünscht und er ließ sich täglich nach beendigter Schulzeit von seinen Knaben das zeigen, was sie heute gelernt hatten. Airs diese Weise lernte Jankel endlich auch die Kunst des Schreibens und Lesens.

Die Knaben brachten von ihrer Schule auch vieles mit nach Hause, woran die Eltern Anstoß nahmen. Schmul und Mendel, so hießen die beiden Söhne, hatten viel in der Schule