— 25l —
wegen dieser Namen zu leiden. Gitel erfuhr auch zu ihrem Schrecken, daß ihre Kinder während der ganzen Schulzeit unbedeckten Hauptes sitzen, daß man sie durch Verlockung und Drohung bestimmen wollte, am Sabbat zu schreiben und vieles andere mehr, was ihr schier das Herz abdrückte. Dazu kam noch, daß sie Alle mit ihrem neuen Glück nichts anzufangen wußten. Es war ihnen Alles so fremd, und sie standen dem neuen Leben so unbeholfen und linkisch gegenüber, daß sie ihres Aufenthalts in der prächtigen Kaiserstadt nicht froh werden konnten. Gitel hatte zwar ein schönes Plätzchen zum Taumeln ihrer Töpfe und Tassen gefunden, aber was sie dagegen verloren hatte, wog diesen Gewinn nicht auf. Ihr Mann war, seitdem er keine Beschäftigung mehr hatte, launisch und hochfahrend. Seitdem er zu schreiben und zu lesen angefangen hatte, ging er darin so völlständig auf, daß ihm seine Umgebung ganz gleichgültig geworden war. Stundenlang konnte er buchstäbiren und schreiben, ohne für Weib und Kind auch nur ein Wort oder einen Blick übrig zu haben. Dabei versäumte er den Besuch des Bethauses nie, und ebensowenig den des Lehrhauses; ja er war immer unter den zehn ersten Besuchern dieser heiligen Stätten.
Als Jankel eines Abends wieder in das Bes Hamidrasch ging, machte er dort eine Bekanntschaft, die bedeutungsvoll für die Helden unserer Erzählung werden sollte. Ein junger Mann sagte Kaddisch nach beendetem Lernen und Jankel fuhr bei den ersten Lauten wie elektrisirt in die Höhe, denn die Stimme war ihm bekannt. Unwillkürlich tritt Jankel näher; nein, das konnte kein Jrrthum sein, das war Feiwel Seelenfreund, der einzige Sohn seines früheren Nachbars Nachmu Seelenfreund aus U.