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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Der junge Mann mochte 22 Jahre alt sein, trug einen tadellosen schwarzen Anzug und einen Flor um den Hut, ein Abzeichen, dessen Bedeutung Jankel nicht verstand. Aber Feiwels Eltern hatten noch vor einem halben Jahre gelebt und waren gesund und munter beim Abschied von U. Jankel hatte Niemanden in U. gesagt, daß er nach Wien übersiedele, sonst hatte er die Unannehmlichkeiten, denen er zu Hause aus dem Wege gehen wollte, auch in Wien gehabt. Deshalb hatten ihm Reb Nochum und Frau auch keine Grüße an ihren einzigen Sohn, an ihren Feiwel Leben mitgeben können. Dieser war schon drei Jahre bei einem kinderlosen, reichen Onkel in Wien , um das Geschäft zu erlernen und ihn wahrscheinlich später zu beerben. Er hatte zwar auch von dem sabelhasten Glück Jankel Goldbergers gehört, aber als er jetzt leibhaftig vor ihm stand, war er von diesem unerwarteten Zusammentreffen so freudig und schmerzlich betroffen, daß sein glattrasirtes, abgelebtes Ge­sicht glücklich und wehmüthig zugleich aufleuchtete, und daß nicht viel gefehlt hätte, daß er seinem alten, väterlichen Freunde vor allen Leuten um den Hals gefallen wäre.

Die beiden Freunde hatten sich viel zu erzählen. Sie eilten auf die Straße und Feiwel schlug Jankel vor, mit in eine Eonditorei zu gehen; dort wollten sie sich einmal gründlich ausplaudern.

Jankel, der zwar schon von Narrethei, Schälet mit Ei und verschiedenen anderen Eiern gehört hatte, wußte nicht, was rine Eonditorei für ein Institut ist, und hatte daher bei seinem Mißtrauen gegen alles Unbekannte wenig Gefallen an diesem Vorschläge.

Nein, Feiwel, wir gehen nach Hause, wie wird sich meine Frau und die Kinder mit Deinem Besuche freuen, so etwas ist