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^E^Änsere Erzählung führt uns achtzig Jahre zurück ^ die Geisteswerkstätte eines der bedeutendsten Männer seiner Zeit und aller Zeiten, in das Studir- zimmer, oder wie man damals sagte, in die Lernstube des Rabbiners der Preßburger Gemeinde, Rabbi Moscheh Sofer.
Es war am Tage nach dem Simchasthoraseste, einige Stunden nach dem Morgengebet, um die Zeit, in welcher sonst die nach Hunderten zählenden Jünger der Jeschiba an den Lippen des gefeierten Lehrers hingen. Die Vorträge des Winterhalbjahres begannen erst in einigen Tagen mit dem Ersten des nächsten Monats. Der Rabbi saß daher allein in seine Korrespondenz vertieft, die ihm aus allen Ländern Europas zuging. Diese Korrespondenz zu erledigen, hätte allein die volle Arbeitskraft eines weniger vielseitigen Mannes erfordert. Sie hatte die schwierigsten juridischen, rituellen Fragen und Probleme aller Art zum Gegenstände, wie sie im Laufe der Zeit in den Gemeinden Israels aüftauchtcn und der Entscheidung harrten. Bei der unbestrittenen Autorität des Preßburger Rabbiners wollte kein Leiter und Wortführer der großen jüdischen Diaspora eine irgendwie bedeutsame Entscheidung treffen, ohne dessen Urtheil vorher einzuholen. Durch die geniale Meisterschaft, mit welcher die Gelehrsamkeit und der Scharfsinn Rabbi Moscheh Sosers Licht in jedes Dunkel brachte, war er der geistige Berather der ganzen Judenheit ge-