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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Mein Mann ist schon seit drei Jahren todt; er hatte sich dem Trunk ergeben und erlag dem Säuferwahnsinn."

Ich gab ihr die zehn Mark und ersuchte sie mir eine Quittung darüber auszustellen. Sie kam dem nach und Unter­zeichnete dieselbe: Sara von Wanfried.

Sind Sie von Adel," fragte ich,davon haben Sie uns ja nie etwas gesagt?"

Daraufhin erzählte sie mir die obige Geschichte, und die ganze Kette von llnglücksfällen und Leiden, die ihr ganzes Leben ausmachten und sie immer tiefer und tiefer sinken ließ.

Ich bin heute," so schloß sie mit von Thränen erstickter Stimme,eine arme Putzerin, die geplagte Mutter dreier kranker Kinder. Aber andere Arme hält der Gedanke an Gott aufrecht. Ich bin dagegen eine Heidin, die Religion meiner Eltern habe ich abgeschworen und die der Jüden zum Schein angenommen, meine armen Kinder sind Heiden; mein Arthur ist todt, meine Eltern sind todt und aus den Tagen meiner heiteren, sonnigen Jugend klingt mir Tag und Nacht, früh und spät, der Mahnruf des großen Rabbi nach:

Treiben Sie kein frivoles Spiel mit dem Allerheiligsten, das wird nicht unge­straft bleiben!"