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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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I.

u Leipnik in Böhmen lebte vor etwa hundert Jahren ein armer Familienvater Namens Simon Jessel. Er sachte sich und seine Frau mit sechs Kindern durch einen armseligen Häusirhandel zu ernähren. Aber es reichte nicht. Der Mängel und die Noth hatten schon wiederholt an die Thüre gepocht; aber so schlimm wie jetzt war es noch nie. Es war um die Chanukazeit; draußen herrschte grimmige Kälte und frierend, sorgend, hungernd saß die Familie vor Tagesanbruch im ungeheizten Zimmer; sie wußten nicht, woher sw den heutigen Tag leben sollten. Bekümmert nahm der Vater den leeren Sack über die Schulter und ging hinaus in den grauenden Morgen, um Brod zu suchen.

Habt Geduld, Kinder, hoffentlich kann ich bald wieder zurück sein und kann euch etwas zu essen mitbringen. Jeden­falls bin ich aber, auch wenn es schlecht gehen sollte, heute Abend wieder rechtzeitig zurück, zum Anzünden der Chanuka- lichter."

Möge Dir der Himmel den Propheten Elijahu senden, daß er uns helfe," rief ihm sein wackeres Weib nach,wie er dem frommen, armen Mann geholfen hat, dem er in einer Nacht den wunderbaren Palast erbaute. Gott segne Dich und behüte Dich, er lasse Dir fein Antlitz leuchten und sei Dir gnädig, er wende Dir sein Antlitz zu und gewähre Dir seinen Frieden!"