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Gulden gestohlen worden. Wer das Paquet wieder zur Stelle schaffe, erhalte eine Belohnung von 500 Gulden.
Das war eine enorme Summe in damaliger Zeit und man kann sich denken, wie Groß und Klein, innerhalb und außerhalb der Judengafse, nun alles aufboten, um dein gestohlenen Werthpaquet aus die Spur zu konimen. Man sprach eine Zeit lang von nichts anderem in Leipnik, aber alles Mühen und Suchen hatte keinen Erfolg.
Schon am zweiten Tag seiner Gefangenschaft wurde Jesiel vor den Untersuchungsrichter geführt, aber auch das Peinlichste, stundenlang dauernde Kreuz- und Querverhör vermochte nicht, den Schleier zn lüften, der dieses Geheimniß verhüllte.
Vierzehn Tage waren so vergangen; für Rachel Jesiel sine qualvolle Ewigkeit. Sie hatte in der ganzen Zeit nicht ein kränkendes Wort des Verdachtes von ihrer Umgebung gegen ihren Mann gehört. Man suchte die unglückliche Frau im Gegentheil zu beruhigen, daß die Unschuld ihres Gatten sicher Zu Tage kommen werde, man überschüttete sie und die Kleinen mit unzähligen Beweisen aufrichtiger Theilnahme. Aber bei ihrer ganzen Seelenstimmung verletzte jedes theilnehmende Wort ihr wundes, gereiztes Gemüth nur noch tiefer. Sie war ja eine Hehlerin, eine Heuchlerin, von der sich alle Freunde mit Abscheu abgewandt hätten, wenn ihnen der währe Sachverhalt bekannt gewesen wäre.
Sie konnte diese Qual nicht länger ertragen. Das schwache Weib mußte einen Menschen haben, dem es sein Herz rückhaltlos ausschütten könnte. Was lag näher, als dem Rabbiner das GeheiNmiß anzuvertrauen, an den sie ja zudem das letzte Abschieds wort ihres Mannes gewiesen Hatte.