Teil eines Werkes 
Grad-Abtheilung 59, Blatt 36 [Neue Nr. 4551] (1924) Hoyerswerda / bearb. durch Br. Dammer
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Blatt Hoyerswerda

Sehr eigentümlicher Art sind die Beziehungen der heutigen Flüsse zum Lausitzer Urstromtal . Die Spree tritt von Süden her, aus dem Grenzgebiet des Deutschen Reichs kommend, südlich Uhyst in das Urstrom­tal ein, durchquert es nahezu rechtwinklig zu seiner Längserstreckung und durchbricht dann den Niederlausitzer Grenzwall zwischen Spremberg und Bühlen in einem tiefeingeschnittenen Erosionstal. In gleicher Weise durchbricht den Landrücken weiter östlich die Neiße bei Muskau und der Bober bei Sagan. Auch die Elster tritt, von Süden kommend, bei Hohenbocka in das stark verbreiterte Urstromtal ein, wird aber, im Gegensatz zu den weiter östlich folgenden Flüssen, aus ihrer bisherigen Richtung abgelenkt und folgt dem Tale bis in die Nähe von Wittenberg , obwohl sie sich bereits bei Liebenwerda der Elbe außerordentlich ge­nähert hat. Die Durchbrechung des Niederlausitzer Grenzwalles durch Spree, Neiße und Bober ist nur zu verstehen unter der Annahme, daß zur Zeit der letzten Inlandeisbedeckung Gletscherabflüsse in der Richtung von Norden nach Süden den Landrücken durchschnitten, zum Teil wohl unter dem Eise fließend und infolge dieses Umstandes vielleicht mit um­gekehrtem Gefälle. Sie müssen ihre Betten so tief eingegraben haben, daß nach dem Verschwinden des Eises diese Täler, welche einen raschen und bequemen Zugang zu dem viel tiefer gelegenen GlogauBaruther Ur­stromtal bildeten, sofort von der in das Lausitzer Urstromtal eintretenden Spree und den übrigen Flüssen benutzt werden konnten. Auf diese Weise dürften zahlreiche Durchbrüche norddeutscher Flüsse durch quer zu ihrem Lauf gelegene Landrücken zu erklären sein. Die Elster hat diesen Weg nicht eingeschlagen, weil ihr kein solches älteres Nord-Süd-Tal zur Verfügung stand und sie den Weg zur benachbarten Spree nicht zu finden vermochte.

Das Gebiet unserer Lieferung wird von zwei für die Geologie Nord­deutschlands außerordentlich bedeutsamen Linien durchquert, deren eine durch den tiefen Untergrund, deren andere an der Oberfläche verläuft; erstere ist tektonischer, letztere stratigraphischer Natur. Die erste Linie ist die östliche Fortsetzung des sogenannten Magdeburger Uferrandes. Man versteht darunter eine von Neuhaldensleben und Wolmirstedt über Möckern , Zahna , Schönewalde, Sonnenwalde und Petershain nach Sprem­ berg und weiterhin nach Niederschlesien verlaufende Verwerfung, an welcher der nördliche Flügel um mehr als 1 km in die Tiefe gesunken ist. Während südlich der Verwerfung nur paläozoische Schichten an der Oberfläche zu beobachten sind, treten nördlich von ihr Rotliegendes, Zechstein , Trias, Jura und Kreide auf und das Paläozoikum liegt hier in großer Tiefe. Diese großartige Störung quert unser Gebiet etwa in der Richtung SprembergPetershainAltdöbern. Eine Tiefbohrung nahe bei Drebkau hat Muschelkalk, eine solche bei Bahnsdorf paläozoische Schichten, vielleicht devonischen Alters angetroffen. Zwischen beiden Bohrungen muß also die Verwerfung hindurchgehen. Wenn wir uns vom Südrand des Blattes Hohenbocka bis in die Gegend von Kottbus einen senkrechten Schnitt durch die Erdrinde entwerfen, so würde er voraussichtlich etwa folgendes Bild ergeben, in welchem die Höhe im Verhältnis zur Länge etwas übertrieben ist. An der Erdoberfläche ist, wie bereits bemerkt, von dieser gewaltigen Verwerfung nicht das Geringste zu beobachten. Ihr Vorhandensein ist uns ausschließlich aus Bohrungen