G. SOHNS, B. RUDOLPH: Bestandsentwicklung des Schilfrohrsängers, Stadt- und Landkreis Brandenburg PA
Diese Angaben erscheinen uns allerdings zu hoch. Ob der Schilfrohrsänger in den 60er Jahren wirklich im Bestand über dem des Teichrohrsängers gelegen hat, läßt sich heute nicht mehr exakt nachvollziehen, doch dürfte in vielen Gebieten ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis bestanden haben. Beispielsweise wurden durch SOHNS am Rietzer-See von 1962-1964 166 Teich- und 113 Schilfrohrsänger beringt.
Umfangreiche Landschaftsveränderungen in den 70er Jahren, besonders im Überflutungsbereich der Flüsse und Seen durch meliorative Eingriffe mit dem Ziel der Trockenlegung von Randstreifen zur Erweiterung der landwirtschaftlichen Nutzflächen führte zu katastrophalen Bestandsrückgängen beim Schilfrohrsänger. Der ehemalige DBV(jetzt Natur schutzbund Deutschland ) und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (1989) schätzen die Lage für die Altbundesländer wie folgt ein:"Auch der früher häufige Schilfrohrsänger ist nur noch an wenigen Stellen anzutreffen und in seinem Bestand ernstlich bedroht". In der Artenschutzbestimmung vom 1. 10. 1984 der ehemaligen DDR dürfte der Schilfrohrsänger aus Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse in die letzte Schutzkategorie (geschützte kulturell und volkswirtschaftlich wertvolle Tierart) geraten sein.
SIEFKE(1988) vergleicht die in der DDR beringten Rohrsängerzahlen und kommt beim Schilfrohrsänger auf 3% der gesamten Rohrsängerberingungen. Für das nächste Jahrzehnt rechnet er mit einem weiteren Rückgang auf 1,7%. Den Gesamtbestand gibt SIEFKE (1988) mit"kaum mehr als 10.000 BP" an.
1988 wurden in den neuen Bundesländern 6130 Teich- und nur 600 Schilfrohrsänger beringt(EDV-Liste der Vogelwarte Hiddensee vom 13. 7. 1989). 1989 wurden nahezu die gleichen Fangzahlen erreicht. Von den 600 Schilfrohrsängern wurden mehr als 2/3 in den
Bezirken Frankfurt/O . und Potsdam beringt. Das ist also ein Verhältnis von etwa 102zu.1. Die seit 1982 am Rietzer-See laufenden Planberingungen und Siedlungsdichteuntersuchungen auf Kontrollflächen konnten für diese Arbeit noch nicht berücksichtigt werden.
3./Zur Sitwation im Kreis Brandenburg Über die Brutplätze im Kreis Brandenburg haben wir zwar keine lückenlose Nachweisführung, aber dennoch einen Überblick. Die meisten Brutplätze wurden bisher nur unregelmäßig und im Abstand von mehreren Jahren bzw. einmalig kontrolliert(Tab. 1 und 2). Trotzdem entschlossen wir uns zur Darstellung des Materials, um einen Ausgangspunkt für zukünftige Untersuchungen zu schaffen und auf die Situation aufmerksam zu machen.
Für die Besiedlung aller Brutplätze scheint die Havel eine zentrale Rolle zu spielen. Besondere Beachtung findet der Abschnitt zwischen Trebelsee und Brandenburg mit den vielen Ausbuchtungen, Nebenarmen und Havelinseln. Diese Gebiete werden regelmäßig von Schilfrohrsängern besiedelt.
Im Bereich der Emster Gewässer sind der Rietzer-See und im Bereich der Unterhavel der Raum Pritzerbe und der Pritzerber See mit seinen Feuchtwiesen vom Schilfrohrsänger bewohnt. Hier ermittelten ALEX, RUDOLPH u. a. nach der Anzahl der singenden Männchen die möglichen Brutpaare. Schilfrohrsänger brüten auch in geringer Anzahl im Bereich des Beetzsees, in kleineren Bruchgebieten und am Rande ehemaliger Ton- und Torfstiche. Gebiete mit nur Einzelbrutpaaren sind natürlich sehr störanfällig und werden offensichtlich immer wieder aus Räumen mit höherer Siedlungsdichte neu besiedelt. Der Begriff Ökologische Trittsteine trifft für diese kleineren Gebiete und für den Schilfrohrsänger sehr gut zu.