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Band 2 Heft 1
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60 E. RUTSCHKE: Ornithologie im Berlin der 20er Jahre

Systematiker für die genetischen Grundlagen der Variabilität. Wie intensiv Stresemann an dieser Thematik arbeitete, wirddaran ersichtlich, daß allein im Band 72 des J. Orn.(1924) 15 Mutati­onsstudien erschienen. Das besondere Gewicht, das den Greifvögeln beigemessen wurde, drückt sich auch in seinen"Raubvogelstudien" aus, wenngleich. einheimische Arten für ihn wenig ergiebig waren(beispw. STRESEMANN 1928).

Morphologie und Anatomie

Als STRESEMANN sich in den 20er Jahren anschickte, die"Aves " für KÜKENTHALS"Handbuch der Zoologie zu bearbeiten, traten ihm die Lücken in den Kenntnissen der Anatomie und Morphologie der Vögel eindringlich vor Augen. Das ergab reichlich Themen für Doktorarbeiten. Bis zum Ende der 30er Jahre bearbeiteten Stresemann-Schüler morphologische und anatomische Themen unter funktionellen Aspekten. Die Vogelfeder erwies sich als besonders-ergiebig. In den 20er Jahren arbeiteten Bernhard Rensch über Farbaberrationen bei Vögeln(1925), GÖRNITZ und RENSCH"Über die violette Färbung der Vogelfedern", ELSÄSSER(1925)"Die Struktur schillernder Federn", GÖRNITZ(1927)"Über die Gefiederabnutzung des Bluthänflings" und DESSELBERGER(1930)"Über das Lipochrom der Vogelfeder"(1930). Die Ausweitung der Thematik verdeutlichen SCHILDMACHERS"Untersuchungen über die Funktion der Herbstschen Körperchen", SCHARNKES"Physiologisch-anatomische Studien am Fuß der Spechte"(1930) und RÜPPELS"Physiologie und Akustik der Vogelstimme"(1933). Durch die Betonung funktioneller Aspekte erfuhren Anatomie und Morphologie eine besondere von STRESEMANN induzierte Ausformung

Avifaunistik

Bei den DOG-Sitzungen hatte auch die Avifaunistik der Mark ihren Platz. HEINROTH berichtete mehrfach über Trappenbeobachtungen zwischen Linum und Paulinenaue , einem Gebiet, das ich zu Beginn der 60er Jahre als eines der trappenreichsten der Mark kennenlernte. Aufregung verursachte damals noch die Beobachtung eines Temminck-Strandläufers und die Erlegung eines Zwergstrandläufers durch GEORG STEIN an der Oder. Aktuelle Beobachtungen kamen zunehmend von LUDWIG SCHUSTER, der besonders den fortpflanzungsbiologischen Aspekt in den Vordergrund rückte: Er war mehr unterwegs als alle anderen und kannte sich aus in den Luchen und Bruchen der Mark. 1926 fand er 3 Kornweihen- und 11 Wiesenweihenhorste in einem Luchgebiet in der Mittelmark und berichtete darüber unter der Überschrift "Beobachtungen aus der Mark". Zu Anfang der 20er Jahre vertiefte nur E. HESSE das avifaunistische Wissen. Bereits wenige Jahre später hatte sich durch die Beiträge von SCHUSTER (beispw. 1932), SCHIERMANN(u.a. 1923, 1927 a, b, 1928), GARLING(1929), SCHNURRE(1930), GLASEWALD(1928) und WENDLAND (1932) die Avifaunistik als selbständige Richtung etabliert. Auch STRESEMANN und MAYR bereicherten diese. Den Balg des bei SCHALOW erwähnten "Steppenbussards" entlarvte STRESEMANN als gewöhnlichen Mäusebussard der hellen Phase, was die Streichung der Art aus der Liste der märkischen Vögel bewirkte. MAYR berichtete über seine Weidenmeisen-Beobachtungen(1928).

Ökologie

Die Ökologie begann sich als neue Richtung in der 2. Hälfte der 20er Jahre zu etablieren. Zu ihrem hervorragendsten Vertreter in der Berliner Ornithologie wurde GEORG SCHIERMANN. Den